MFG - „Das ist der Spannendste Kulturjob überhaupt!“
„Das ist der Spannendste Kulturjob überhaupt!“


MFG - Das Magazin
St. Pöltens gute Seite

„Das ist der Spannendste Kulturjob überhaupt!“

Text Johannes Reichl
Ausgabe 02/2018

Die Kulturhauptstadtbewerbung St. Pöltens hat auch auf den Kulturbetrieb in Krems bereits mittelbar Einfluss genommen. Nachdem Michael Duscher nämlich zum neuen Geschäftsführer der Landeskulturhauptstadt GmbH nach St. Pölten berufen wurde, ist ihm nunmehr Klaus Moser als Leiter der NÖ Festival und Kino GmbH in Krems nachgefolgt und hat damit „den spannendsten Kulturjob übernommen, den es überhaupt gibt!“

Den Superlativ erklärt der Kulturmanager mit der unglaublichen Bandbreite seiner Tätigkeit. „Die Formate gehen von international und zeitgenössisch bis hin zu regional und traditionell.“ Außerdem genremäßig querbeet: Musik, Kunst, Film, Performance. Ab sofort verantwortet Moser von operativer Seite her das Donaufestival, das Osterfestival Imago Dei, das Festival Glatt&Verkehrt, die Europäischen Literaturtage, das Kino im Kesselhaus sowie den Klangraum Krems Minoritenkirche – alles verortet in Krems und in der Wachau. Dass Moser aufgrund seiner bisherigen Meriten um die Festivals der logische next man war, liegt nicht nur an seiner langjährigen Tätigkeit für den Betrieb, den er sozusagen in- und auswändig kennt, sondern auch an seiner ganz persönlichen wirtschaftlich-künstlerischen Konditionierung.
From The West
Die hat ihren Ausgang  freilich nicht in den Niederungen Niederösterreichs genommen, sondern in den Bergen Tirols, und zwar out of Alpbach – genau, das ist dort, wo auch das gleichnamige Forum alljährlich die politische, wissenschaftliche und wirtschaftliche Elite des Landes versammelt. Der Jungspund interessiert sich freilich damals eher für gute und laute Mucke „da hab ich die klassische Konditionierung meiner Zeit durchgemacht“, lacht er, und zählt Nirvana, Guns n’ Roses, Sepultura, dann Hendrix, The Doors oder Pink Floyd bis hin zu Sonic Youth, Pixies & Co. auf. Bei Moser endete die Liebe zur Musik freilich nicht im passiven Konsum „sondern ich spielte in verschiedensten Bands! Wir hatten schon so eine Art Punkrockszene in dörflichen Strukturen!“, schmunzelt er, und selbstredend ging es da bisweilen ordentlich zur Sache: „Legendär waren die Proberaum-Partys, da hingen Posters von Neil Young an den Wänden und wir spielten halbstündige Versionen seines Songs ‚Cortez the Killer“. Insbesondere engagiert sich Moser, der die HAK in Wörgl besucht und späterhin Betriebswirtschaft und Wirtschaftspädagogik in Innsbruck studiert, auch alsbald als Veranstalter. „In der vermeintlichen Provinz gab es ja wirklich coole Festivals bei uns in Tirol, getragen von einer – bis heute – spannenden und produktiven Szene!“ Als Beispiele nennt er etwa das Innrock Festival oder den Kulturverein Kontraste. Prägend wird für Moser in dieser Zeit  v. a. die P.M.K., die „Plattform mobile Kulturinitiativen“, ein Bogenlokal in Innsbruck, wo die underground-Szene zuhause ist. Das Team der P.M.K. organisiert auch das „Heart Of Noise Festival“. Moser produziert in jener Zeit etwa eigene Radiosendungen mit Karin Pernegger, der jetzigen Leiterin des Kunstraum Innsbruck, v. a. öffnet er aber seinen vormals eher musiklastigen Fokus mehr Richtung zeitgenössischer Kunst. Und daher wundert es wenig, dass sein Radar – obwohl er nach absolviertem Studium bereits als Organisator von Masterlehrgängen an der Volkshochschule seine Brötchen verdient – trotzdem auf Kunst und Kultur ausgerichtet bleibt und schließlich bei einer Anzeige im „Standard“ 2007 anschlägt: Das niederösterreichische Donaufestival sucht Verstärkung fürs Marketingteam …
"Die Besucher kommen zum Donaufestival, weil sie ein Gesamterlebnis erfahren möchten." KLAUS MOSER
Into The East
Und diese Verstärkung ist Moser. Der Tiroler bricht seine Zelte in Innsbruck ab und verlegt seinen Wohnsitz nach Krems an der Donau, wo er alsbald zum Marketingleiter der NÖ Festival GmbH aufsteigt. Unter der Intendanz von Tomas Zierhofer-Kin avanciert er schließlich zum musikalischen Konsulenten des Donaufestivals, für das er v. a. auch die Bereiche Booking und Festivalkooperation zu verantworten hat. „Wir arbeiten beim Donaufestival ja mit zahlreichen Festivals wie etwa dem Berliner CTM oder dem unsound Festival Krakau zusammen. Ebenso mit österreichischen Partnern wie dem Steirischen Herbst, dem Heart Of Noise oder den Wiener Festwochen.“ Der Background ist zum einen gegenseitiger künstlerischer Austausch, zum anderen aber – v. a. aus Sicht des nunmehrigen Geschäftsführers, zu dem Moser mit 1. Jänner dieses Jahres aufsteigt – auch eine Portion schnöder Pragmatismus, um sich etwa bei Bookings nicht in die Quere zu kommen. Wobei das Donaufestival gar nicht so sehr die fetten Namen ausmachen, sondern deren Alleinstellung bei gleichzeitiger Einbindung in ein Ganzes: „Tatsächlich kennen viele Besucher oft gar nicht die Künstler, die wir bringen. Aber sie kommen, weil sie ein Gesamterlebnis erfahren möchten.“ Die Bandbreite reicht dabei von Musik über Performances und Video­installationen bis hin zu „kleinen Interventionen“, wie es Moser nennt. „Im Vorjahr wurden etwa unter dem Titel ‚Stockholm-Syndrom‘ Überraschungsformate geboten. Ein Act sang von der Bar herunter, ein anderer aus dem Auto in der Tiefgarage, wo alles in schwerem Nebel verhangen war und im Kofferraum der Subwoover hämmerte.“ Musikalisch hat man sich unter dem künstlerischen Leiter Thomas Edlinger im Übrigen vom elektronischen Fokus der letzten Jahre weg hin zu mehr Breite entwickelt, überall spürt man einem gesamtheitlichen Ansatz nach, der – Stichwort Profilschärfung – einem Leitmotiv folgt. Das diesjährige darf Moser zwar noch nicht verraten, aber – soviel hört man heraus – es wird um Zeit und den Umgang damit gehen, gerade auch unter dem Aspekt des Umgangs mit neuen Medien. Wie verändert das unsere Gesellschaft? Was macht das mit dem einzelnen? Einer jener Stars des diesjährigen Festivals, der  sich genau mit diesen Fragen beschäftigt, ist Ryan Trecartin, immerhin schon einmal „artist of the year” im Guggenheim Museum. Nur ein Highlight von insgesamt rund 20 Veranstaltungen pro Tag all over Krems, auf die man sich als Besucher einlassen darf.
Bandbreite
Diese Maxime gilt auch für die weiteren, von Moser als Geschäftsführer verantworteten Festivals und Institutionen, die alle für sich unterschiedliche Ansätze verfolgen. Das Osterfes­tival „Imago Dei“ etwa „hat einen viel stärkeren regionalen Bezug als das Donaufestival“, wobei es alte Musik, Chormusik und zeitgenössische Musik vereint, aber auch hier wieder über das rein Musikalische hinausgeht. „Dazu gehören Lesungen und Gespräche mit Philosophen und Schriftstellern bzw. Klangkunst im Klangraum Krems Minoritenkirche.“
Im „Kino im Kesselhaus“ steht unter der Ägide von Kerstin Parth Programmkino am kulturellen Speiseplan samt umfassendem Rahmenprogramm, das auch die diversen Festivals cineastisch begleitet.
Bleibt noch das Festival Glatt&Verkehrt, das eine Brücke zwischen traditioneller und zeitgenössischer Weltmusik schlägt und örtlich von Krems aus auch in die Wachau oder über die Donau nach Göttweig mäandert. Stolze 20 Jahre hat das Festival mittlerweile am Buckel und erfährt heuer einen Relaunch. Am augenfälligsten treten die „sanften Veränderungen“, wie es Moser formuliert, einerseits im neuen Design zutage, zum anderen in einer verdichteten Spielzeit. So wird das Sommerfestival auf rund zwei Wochen eingedampft. Die Handschrift des neuen künstlerischen Leiters Albert Hosp wird sich zudem in neuen Modulen wie etwa „Tafelmusik“ samt Einführungsgesprächen im „Salzstadl“ niederschlagen oder auch in einer noch stärkeren Einbeziehung junger, insbesondere auch österreichischer Künstler.
Homebase Krems
Einigende Klammer aller Einrichtungen der NÖ Festival GmbH ist letztlich Krems als DIE Homebase. Kulturell hat die Donaustadt, wie Moser überzeugt ist, durch die diversen Formate enorm profitiert, wobei ihm die Vernetzung mit den Institutionen der Stadt, und zwar auch mit jenen außerhalb des NÖKU-Reiches, ja teils auch jenen abseits expliziter kultureller Ausrichtung ein großes Anliegen ist. „Die Kultur, die schöne Stadt, die Wachau, der Wein, die Kulinarik – all das soll zum Verweilen einladen und damit natürlich auch den Tourismus fördern.“ Die NÖ Festival und Kino GmbH sei da nur ein Baustein von vielen, wobei ein neuer gewichtiger – nämlich die 2019 eröffnende Landesgalerie Niederösterreich – schon ante portas steht. „Die Landesgalerie Niederösterreich wird schon alleine aufgrund ihrer Architektur eine neue Landmark für Krems darstellen! “ 
Eine kulturell rosige Zukunft ortet der Kulturmanager freilich auch für die knapp 25 Autominuten entfernte Landeshauptstadt St. Pölten, wohin er neuerdings des Öfteren ins NÖKU-Hauptquartier im Kulturbezirk pilgert. „Die Bewerbung als Europäische Kulturhauptstadt 2024 ist eine Riesenchance für St. Pölten – aber auch für die gesamte Region!“ So könne auch Krems davon profitieren, „weshalb es natürlich unser Ziel und Wunsch ist, uns als möglicher Kooperationspartner anzubieten. Aber das obliegt natürlich den Verantwortlichen für die Kulturhauptstadt, die jetzt die Konzepte erarbeiten.“ Sinnvoll, ja geradezu notwendig wird diese Involvierung und damit zusätzliche Attraktivierung in jedem Fall sein, vor allem weil die Kulturhauptstadt genau jenes Vehikel sein könnte, einen lang gehegten Traum, der doch bislang nicht und nicht in Erfüllung gehen mag, endlich zu verwirklichen: Die Verschmelzung der beiden Städte im Herzen Niederösterreichs hin zu einem gemeinsamen (Kultur-)Raum mit regem wechselseitigen Austausch über die Donau hinweg, und zwar nicht nur kulturell, sondern auf allen Ebenen – bis hin zu einer öffentlichen Verkehrsverbindung, die die vermeintliche Distanz nicht nur zeitlich, sondern auch emotional verkürzt. Kulturell hat es einen solchen Brückenschlag übrigens schon einmal gegeben – anno dazumal, als das Donaufestival auch noch an der Traisen, in St. Pölten eine Spielstätte hatte. St. Pölten/Donau – Krems/Traisen, Angelpunkt des „berühmten“ 5. Viertels, das in diversen Planungseinheiten bereits besteht, aber noch immer einer emotionalen Verankerung in den Köpfen der Bürger harrt? Kulturmanager wie Klaus Moser können mit Architekten der Verwirklichung dieser Vision werden, durch spannende Arbeit in der jeweiligen Homebase, vor allem aber auch durch ihren Blick über den Tellerrand hinaus.

9.3. – 2.4.
Imago Dei 
www.klangraum.at
27.4. – 6.5.
Donaufestival
www.donaufestival.at
13. – 29.7.
Glatt&Verkehrt
www.glattundverkehrt.at
22. – 25.11.
Europäische Literaturtage
www.literaturhauseuropa.eu
Kino im Kesselhaus
www.kinoimkesselhaus.at
Klangraum Krems Minoritenkirche
www.klangraum.at