MFG - Der Weltmeister in der Regionalliga
Der Weltmeister in der Regionalliga


MFG - Das Magazin
St. Pöltens gute Seite

Der Weltmeister in der Regionalliga

Text Thomas Schöpf
Ausgabe 08/2006

Mit Sambo Choji kickt erstmals seit Mario Kempes wieder ein Weltmeister in St. Pölten. An der Seite von prominenten Kollegen wie Nwanko Kanu oder Celestine Babayaro (beide spielen jetzt in der englischen Premier League) holte er 1993 mit Nigerias U17-Auswahl den Titel in Japan. In der österreichischen Regionalliga will sich der nunmehr 29-Jährige freilich nicht lange aufhalten.

Die Vorzeichen vor seinem Heimdebüt hätten besser nicht sein können: Erster gegen Letzter, die Torfabrik SKN St. Pölten gegen die Schießbude Kremser SC am Voith Platz. Doch Sambo Choji war kein Tor vergönnt, das Derby geriet zur müden Nullnummer. Choji lief nachher dennoch zu den Fanklubs hinter dem Nordtor und zu einem Grüppchen auf der Längs-Seite und klatschte ab. „Die Fans hätten sich ein Tor so sehr verdient“, erzählt er tags darauf bei einer (wie er sagt) „Apfelschorle“ am Rathausplatz, „sie haben uns so gut unterstützt.“ Die Bruchbude Voith-Platz und die schüttere Kulisse stört Choji (bei Pirouzi Teheran kickte er oft vor über 100.000 Zuschauern) keineswegs. „Ein kleiner Klub ist nicht klein, wenn das Umfeld stimmt“, sagt Choji fast schon ein wenig philosophisch. Deswegen hat er sich nach seinem Iran-Abenteuer („Dort habe ich einmal acht Monate lang kein Geld bekommen.“) in die Niederungen der österreichischen Regionalliga begeben. „Hier gibt es super Trainingsbedingungen, gut ausgebildete junge Spieler und der Klub hat ein langfristiges Konzept“, weiß Choji, der jahrelang für den 1. FC Saarbrücken in Deutschland kickte und einmal beinahe bei Ajax Amsterdam gelandet wäre.
„Das war, als ich mit Nigeria U17-Weltmeister geworden bin (Anm.: 1993), aber eine Achillessehnenverletzung, die ich mir im Finale zugezogen habe, hat das leider verhindert.“ So sei eben das Fußballer-Leben. Ajax holte sich seinen Kollegen und Freund Nwankwo Kanu und Choji landete etwas später in Saarbücken: „Kaiserslautern hätte mich auch wollen, aber mein damaliger Berater hat eine Million Mark Vermittlungsprämie verlangt.“ Jetzt wird er von Guido Nikolay beraten, dessen renommierte Agentur („soccer and more“) prominente Kicker wie zum Beispiel den deutschen WM-Recken Per Mertesacker betreut. Der Wechsel zum SKN war freilich kurios. Choji war mit Kroatiens Vizemeister NK Rijeka im Trainingslager in Österreich und verletzte sich just als Nikolay schon zur Vertrags-Anfertigung herbei geflogen kam. Der sportliche Leiter des SKN, Markus Kernal (früher Kollege von Choji in Saarbrücken), erfuhr vom geplatzten Transfer und meldete sich gleich. „Erst dachte ich, er macht einen Scherz“, sagt Choji, „dann habe ich mir aber alles in Ruhe angesehen.“ Denn welcher Profi-Verein nimmt schon einen verletzten Spieler …
Mittlerweile ist er längst fit und die Spielberechtigung aus Nigeria da. Funktionäre seines Stammvereins Greater Tomorrow hatten eine Ablöse rausholen wollen. Der SKN bemühte sich lange vergeblich um eine Lösung. „Am Schluss habe ich das selber geregelt“, so Choji und erläutert nicht wie. Nur so viel: „In Nigeria ist eine andere Welt. Da versucht immer jeder was für sich raus zu holen.“ Er selbst will hier sportlich das Maximum raus holen und „vielleicht länger bleiben, wenn wir aufsteigen.“ Schließlich möchte er seiner Familie eine gute Zukunft sichern. Sohn Johann Yve (5) beginnt in Nigeria bald mit der Schule. „Das war damals auch mein Glück, dass mich meine Familie zur Schule schicken konnte und zu Greater Tomorrow“, weiß Choji, „sonst hätte ich meinen Traum, Fußballer zu werden, nie verwirklichen können.“