MFG - Blasen-Schwäche
Blasen-Schwäche


MFG - Das Magazin
St. Pöltens gute Seite

Blasen-Schwäche

Text Beate Steiner
Ausgabe 05/2023
Ich gestehe – ich bin eine Spechtlerin. Eine SM-Spechtlerin. Ich lese mit in den sozialen Medien, was es Neues gibt in der Stadt und rundherum. Die täglichen Tweets von Kollegen, Freunden, Promis halten mich auf dem Laufenden und helfen beim Smalltalk. Die Aufreger-Threads auf Facebook natürlich auch, besonders die von den Drama-Kings und -Queens. „Da ist schon wieder eine Baustelle! Das macht mir die Stadt zufleiß!“ Und dann geht’s los mit dem „Mimimimi“ über persönliche Befindlichkeiten, meist posten die selben Menschen – bei vielen hab‘ ich schon das Gefühl, dass ich sie sehr gut kenne, obwohl ich sie noch nie gesehen habe. Und meist ist das alles sehr lustig – wenn man Fremdschämen mag. Weniger lustig sind die Gruppen, die in irgendeiner St. Pölten-relevanten Angelegenheit missionieren. Da verstehen die Admins keinen Spaß. Wer nicht deren Meinung devot unterstreicht, wird gestrichen und darf dort nix mehr posten. Der Vorteil solch einer klassischen Social-Media-Blase: Das Selbstwertgefühl der sich darin Schützenden wird durch Kritik nicht irritiert, sie brauchen sich keine Gedanken machen über richtig, falsch und optimierbar. Ihre Ansichten werden immer schöngeschrieben und durch wiederkehrende Bestätigung der ausgewählten Community gestärkt. Veränderungen, andere Meinungen und Möglichkeiten außerhalb der Blase? Gibt’s nicht. Wäre anders auch zu gefährlich, weil es die eigene Position wackeln lassen könnte. Christian Morgenstern hat’s vorausgesagt und ist somit im Social-Media-Zeitalter angekommen: „… weil nicht sein kann, was nicht sein darf …“