MFG - Das Zweipersonen-Gesamtkunstwerk
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St. Pöltens gute Seite

Das Zweipersonen-Gesamtkunstwerk

Text Beate Steiner
Ausgabe 03/2014

Hereinspaziert ins Unterweger-Universum. Ein Treffen mit Paulus (30) und Johannes (27) Unterweger, das ist vergnüglich verbrachte fliegende Zeit, besser als so mancher Kabarett­abend, mit schnell wechselnden Inhalten, von Musik über das Projekt „Hacklstrumpf“ und „tiefere Themen“ bis zum Kochen.

Was, bitte, ist ein „Hacklstrumpf“?
Paulus: Der Name entspringt der Phantasiewelt meines Bruders.
Johannes: Es ist der Nachname von „Helmoslip Hacklstrumpf“, einem Charakter aus „Johnny Prackers Abenteuer“, einem humoristischen Werk von mir.
Hacklstrumpf ist also euer aktuelles Projekt. Da verhelft ihr dem Publikum vor allem mit Mundartliedern zu Lachkrämpfen. Wie schafft ihr das?
Johannes: Ich bemühe mich, unterhaltsame Texte über Themen zu schreiben, die anderen Autoren in diesem Zusammenhang gar nicht einfallen würden. Zum Beispiel über Hendln, Morcheln, Fürze oder die Fragen, die ich bei Kreuzworträtseln nicht beantworten kann.
Paulus: Abgesehen von den Texten bemühen wir uns auch, die Musik und die Bühnenshow so unterhaltsam wie möglich zu gestalten. Wenn ich mir ein Konzert ansehe, will ich ja auch amüsiert und zufrieden nach Hause gehen. Uns ist das ein großes Anliegen. Also wenn wir bei der Probe eine witzige Idee haben, findet die auch meistens den Weg auf die Bühne.
Johannes: Unser musikalischer Stil ist übrigens ein extraordinärer Mix aus Rock, Blues, Country, Reggae, Polka, Rap und mehr, der sich mit eingängigen Melodien und teilweise verschachtelten Rhythmen zu den hacklstrümpf­ischen Liedern wohlwollend vereint.
Eine vergnügliche Einheit für Augen und Ohren also. Ihr baut ja auch eure Bühnen-Deko selber. Und Johannes hat schon Bilder ausgestellt.
Paulus: Egal ob Musik, Malerei, Film oder sogar Kochen, des san jo ois de söbm Sochn! Mein Bruder und ich interessieren uns einfach für jegliche Form der Kunst und haben in unserem Schlagzeuger Johannes Forstreiter alias Brad Senfried Hendlman einen würdigen Mitstreiter gefunden, mit dem wir unsere Idee eines Gesamtkunstwerkes verwirklichen können.
Johannes: Nachdem ich schon eine Ausstellung mit Computerbildern hatte, beschäftige ich mich zurzeit mehr mit Zeichnungen und habe auch begonnen ein Buch zu schreiben.
Vorher erscheint aber noch eure neue CD.
Johannes: Wir nehmen gerade mit Florian Höfinger die erste Hacklstrumpf-CD „Kannst Du schon die Spülung hören?“, mit fünfzehn selbst komponierten und getexteten Nummern im niederösterreichischen Dialekt auf.
Verkleidet Ihr Euch gern? Paulus trägt ja jetzt auch abseits der Bühne die rote Zipfelmütze und den Ziegenbart. Johannes ist seit Jahren nur mehr mit charakteristischer Kopfbedeckung zu sehen.
Johannes: Ohne Hut fühl ich mich nackert.
Paulus: Verkleiden im eigentlichen Sinn tun wir uns nicht, wir haben einfach einen gewissen Stil, den wir sowohl privat als auch in der Öffentlichkeit beibehalten.
Ihr seid ja seit vielen Jahren in immer wechselnden Formationen aufgetreten, Bloody Stew, Adrenaline Kings, Brute, Fried Freak Orchestra, Titikazoo, A.I.D.S. – welche ist noch aktiv?
Johannes: Nachdem sich Titikazoo aufgelöst hat, gründeten wir Hacklstrumpf. Abgesehen davon habe ich mit Klaus Höfinger und Florian Gruber das Projekt „Die fetten Haubitzenbuam“, mit denen ich im Dezember 2011 ein vierteiliges Werk geschrieben und aufgeführt habe, welches eine humoristische Mischung aus Rockoper, Hörspiel und Bilderbuch ist: „Johnny Prackers Abenteuer“ setzt sich aus Songs mit Kübelschlagzeug, Bontempi-Orgel und Gitarre, und auch aus Dialogen und „trashigen“ Computerbildern zusammen und wir sind gerade dabei, die Studioversion mit Sebastian Haas aufzunehmen.
Paulus: Neben Hacklstrumpf ist mein einziges Hauptprojekt Brute, zusammen mit Mario Sluga (Gitarre, Gesang) und Thomas Küttner (Schlagzeug). 2011 haben wir das Album „Matterman“ herausgebracht, das man über unsere Homepage (www.brute.at) auch käuflich erwerben kann. Zurzeit arbeiten wir an ganz neuem Material und bewegen uns stilistisch mehr denn je in Richtung Metal. Die nächsten Konzerte finden am 7. März beim Local Heroes und am 21. März im Rahmen des Metalchamp Wettbewerbs, beide im Warehouse, statt.
Gibt’s eine musikalische Verbindung zwischen euren Bands?
Paulus: Ja, uns!
Miteinander arbeiten, proben, musizieren – kracht’s da nicht manchmal?
Johannes: Es ist unseren Mitmusikanten seit Jahren bekannt, dass wir uns bei Proben manchmal in die Barthaare kriegen, allerdings wissen sie, dass es nur kurzfristig und nicht ernstzunehmend ist. Obgleich wir uns unserer identen Ansichten bewusst sind, kommen wir uns durch unterschiedliche Herangehensweisen und deren Aussprache des Öfteren in die Quere.
Paulus: Entweder wir finden einen Kompromiss, oder einer redet den anderen nieder. Selbst mit unserem Vater diskutieren wir zeitweise stundenlang, um danach festzustellen von Vornherein einer Meinung gewesen zu sein.
Apropos Vater Martin. Der hat auch in jungen Jahren Musik gemacht, war mit einem Tonstudio tätig. Welchen Einfluss hatte er auf euch?
Paulus: Wahrscheinlich einen größeren als ihm lieb ist. Musik war immer allgegenwärtig. Ob wir im Garten des Studios mit Musikern Sandburgen bauten, Papa bei Veranstaltungen besuchten oder uns durch seine Plattensammlung wühlten, für uns war das Normalität. Trotzdem wurden wir von unseren Eltern nie in irgendeine Richtung gedrängt und bei unseren musikalischen und künstlerischen Tätigkeiten immer unterstützt.
Johannes: Den ersten Blues, an den ich mich erinnern kann, hat uns unser Vater auf der Gitarre vorgespielt. Außerdem habe ich die meisten meiner damaligen und auch heutigen Lieblingsbands wie Grateful Dead, The Who, Johnny Winter oder Queen durch seine alten Kassetten kennen gelernt. In diesem Zusammenhang fällt mir immer wieder eine Situation ein, in der sich unser Vater ein paar wichtige und verlorengegangene Klassiker seiner Jugend neu gekauft hat und sie uns voll Stolz vorgespielt hat. Darunter waren Lynyrd Skynyrds „One More From The Road“ und Deep Purples „Made in Japan“, die bis heute zu unseren Lieblingsplatten gehören.
Öffentliche Sessions macht ihr im Underground.
Paulus: Ja, seit fünf Jahren organisieren wir erfolgreich mit dem Underground-Wirten Walter Göbel eine monatliche Jam Session. Seit dem heurigen Jahr wurde der Termin auf den dritten Samstag im Monat verschoben und am 26. April feiern wir mit einem Jubiläumsjam auch die Geburtstage von Walter und seinem Lokal.