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St. Pöltens gute Seite

It’s the language, stupid!

Text Johannes Reichl
Ausgabe 05/2019

Sprachwissenschaftler, die in die ZIB 2 eingeladen werden, um das Wort „Bevölkerungsaustausch“ zu analysieren, ein Bundespräsident, der einen „verantwortungsvollen“ Umgang mit Sprache einmahnt, Spracherwerb als Voraussetzung für Sozialhilfe, heftige Diskussionen um gendergerechte Sprache. Sprache scheint als Thema so hoch im Kurs zu stehen wie lange nicht mehr. Wir redeten darüber mit der St. Pöltner Sprachwissenschaftlerin Christiane Pabst, die als Chefredakteurin des Österreichischen Wörterbuches auch als so etwas wie die Gralshüterin des „Österreichischen“ gilt.

Trügt der Eindruck, oder tobt aktuell ein politischer Kampf um Sprachhoheit im Sinne „Wer im Besitz der Sprache ist, bestimmt den politischen Diskurs“?
Sprache kann man nicht besitzen. Sprache bildet aber Machtstrukturen gut ab. Manche möchten sich der Sprache in diesem Sinne bemächtigen, sie besetzen, indem man Wörtern neue Konnotation, also Bedeutungsinhalte, einschreibt.
Was dann zum Paradoxon führt, dass sich die FPÖ als „Heimatpartei“ ebenso inszeniert wie der Grüne Werner Kogler als „Heimatschützer“, und beide doch von einem sehr unterschiedlichen Heimatbegriff auszugehen scheinen. Erleben wir einen Kampf um die Bedeutungshoheit von Wörtern?
Heimat ist ein ganz gutes Beispiel. Das Wort war aufgrund der Historie und seiner Konnotation im NS-Regime fast kriminell aufgeladen und negativ besetzt, obwohl es ursprünglich eigentlich ein sehr schöner, positiver Begriff ist. Es gibt den Versuch, dem Denotat, also der rein sachlichen Beschreibung, einen anderen Zusammenhang und Kontext zu geben. Und darum geht es ganz prinzipiell beim Sprachgebrauch. Was will ich mit einem Wort ausdrücken, und wofür steht es. Das heißt, du kannst mit bestimmten Begriffen – bewusst, oft auch unbewusst – eine bestimmte Gesinnung ausdrücken.
Zum Beispiel?
Im Österreichischen Wörterbuch haben wir etwa Wörter wie Neger, Zigeuner, Weiber angeführt, weil sie schlichtweg vorkommen und man sie daher nachschlagen können muss. Sie sind aber als abwertend gekennzeichnet, oder als veraltet, damit man auch um den heutigen Kontext im Sprachgebrauch weiß. Das ist wichtig!
Nehmen wir etwa das „Weiberl“. Auch da gibt es noch heute Leute, die sagen: „Geh, das ist ja nicht so schlimm, das hat man ja früher auch gesagt.“ Stimmt, aber das Wort hat historisch einen Wandel durchgemacht. War es im 19. Jahrhundert noch eine Zuschreibung für eine kleine Frau, so ist die heutige Bedeutung abwertend im Sinne von dümmlicher Frau. Das muss man wissen, um mit dem Begriff angemessen umzugehen. Und so verhält es sich auch bei einem Begriff wie Heimat. Das heißt, man muss beim Gebrauch eines Wortes immer den Kontext mitbetrachten.
Also als Rezipient wissen, dass zum Beispiel das Wort „Bevölkerungsaustausch“ auf eine Verschwörungstheorie rechtsextremer Kreise zurückgeht? Wenn man es dann trotzdem verwendet, ist das als Code an die eigene Klientel zu verstehen?
Ja, wobei Code ist für mich zu konstruiert. Das würde heißen, dass Sprachentwicklung immer strukturiert und nach einem Plan abläuft – das tut sie aber nicht. Viele verwenden Codes ja auch ohne es zu wissen. Es geht vor allem auch um Emotion. Das muss – in anderern Zusammenhängen – nicht immer negativ sein. Werbung etwa bedient sich genau dieser Methode, indem Sprache mit einem starken Bild gekoppelt wird – das fährt dann doppelt ein. Nehmen wir zum Beispiel ein unverdächtiges Wort wie „Jesolo“: Es ist ja unglaublich, was damit an Bildern und Vorstellungen mittransportiert wird – da ist quasi die ganze Ideologie der 70er Jahre mit drin. Das passiert nicht strukturiert, da bedarf es keiner Ermächtigung, sondern die Konnotation ist eine Tatsache und das Ergebnis einer historischen, gesellschaftlichen und kulturellen Entwicklung.
Aber wer bestimmt, was gesagt werden darf bzw. wo sind die Grenzen des Sagbaren im Sinne politischer Korrektheit? Liegt der Bundespräsident richtig, wenn er einen „verantwortungsvollen Umgang mit Sprache“ einmahnt, oder HC Strache, wenn er meint „Ich lasse mir den Mund nicht verbieten“? Und kommt man mit „Das war eine b‘soffene G‘schicht, als ich das gesagt habe“ durch?
Wenn nun schon Strache ins Gespräch kommt, möchte ich eines unbedingt anmerken. Einer Tatsache muss man sich natürlich immer bewusst sein: Sprache drückt schon Gedanken aus – ob man will oder nicht. Man kann hinterher nicht sagen: „Oje, das habe ich gesagt? Das war eine „b’soffene G’schicht“ – das denke ich ja gar nicht.“ Denn – wie bezüglich der Ibiza-Affäre ein Journalist so schön simpel, aber wahr formuliert hat: „Was [im Kopf] nicht drinnen ist, das kommt [aus dem Mund] auch nicht raus.“
Grundsätzlich glaube ich, dass es notwendig ist, dass wir sagen dürfen, was wir denken – im Bewusstsein, was wir damit tun. Sprache muss als Handlung begriffen werden, das heißt ich kann mit Sprache sehr wohl verletzen, herabsetzen, ausschließen etc. Und für dieses Handeln muss ich Verantwortung übernehmen. Ich kann ja auch jemandem physisch eine Watsche geben, aber dann muss ich mir eben auch der Konsequenzen bewusst sein. Und es gibt wahrlich genug Möglichkeiten, um sprachlich miteinander respektvoll umzugehen und trotzdem in der Sache hart zu argumentieren.
Wobei sich der Eindruck aufdrängt, dass Politiker das gar nicht immer anstreben.
Im politischen Diskurs gibt es tatsächlich viele, oft versteckte Watschen. Da fehlt es vor allem seitens der Medien an ordentlicher Reflexion, um diese Fouls zu demaskieren, und vor allem bewusst zu machen, was hinter dem Gesagten steckt. Aber da ist man als Medium oft selbst auf die Schlagzeile, die Schlagwörter aus – und die heißen nun einmal so, weil sie im übertragenen Sinne eben „schlagen“, also weh tun.
Wobei Journalisten, die das einlösen, neuerdings selbst rasch zur Zielscheibe werden, wenn wir etwa an den Infight zwischen Armin Wolf und Harald Vilimsky denken.
Ja, das kritische Hinterfragen wird oft als furchtbar provokant empfunden, dabei ist es doch das Kerngeschäft der Journalisten. Armin Wolf beherrscht das im Übrigen, gerade auch was seinen Umgang mit Sprache betrifft, sehr gut. Seitens der Interviewten und der Politik könnte man das ja im Grunde genommen auch positiv sehen: Mein Partner zeigt Interesse an mir und ist gut vorbereitet.
Auf allzu viel Interesse, vor allem an Themen, die sie nicht selbst lanciert haben, scheinen die meisten Politiker aber gar nicht erpicht zu sein – Codewort Message-Control! Stattdessen geben sie „Antworten“ auf Fragen, die gar nicht gestellt wurden.
Das ist das Business der Politik. Das möchte ich auch gar nicht anprangern. Politiker möchten in der ihnen zur Verfügung stehenden kurzen Zeit ihre Botschaft unterbringen. Es wird auch – ganz bewusst – bisweilen sprachlich verletzt, bestimmte Gruppen ausgeschlossen, mit Sprache manipuliert. Aber da sind eben die Medien gefordert, dies bewusst zu machen und zu thematisieren – das wäre nämlich deren Job. Leider passiert das aber immer seltener, auch weil der sorgsame, reflexive Umgang mit Sprache generell verloren geht.
Das ist aber vor allem aber auch eine Frage der Bildung, wohl insbesondere der Schule, dass die Bürger so ausgebildet werden, dass sie in der Lage sind, etwaige Manipulationen zu durchschauen – noch dazu in Zeiten von Fake News?
Natürlich, aber die Tendenz geht leider in die genau andere Richtung, wenn man sich die heutigen Lehrpläne durchsieht, nämlich Utilitarismus. Lernte man früher zuerst die Theorie und ging dann zur Praxis über, wird heute verkürzt und gleich Richtung Anwendung gegangen. In der Sprachvermittlung orientiert man sich dabei fast ausschließlich an den Schwächeren, wodurch das Sprachniveau insgesamt sinkt und die so wichtige Gabe der Sprachreflexion bei allen verloren geht. Das entspricht ganz dem Zeitgeist, weil langwieriges Reflektieren im wirtschaftlichen Sinne ein Luxus ist. Alles muss schnell gehen, „nützlich“ sein – und das Inhaltliche, das Nachdenken, das Verstehen bleiben dabei auf der Strecke.  
Welche Rolle spielen dabei die neuen Medien?
Die Social Media-Kanäle – und das will ich gar nicht pauschal verdammen – sind natürlich anfällig, weil sie ja geradezu zum Verkürzen provozieren bzw. diesem bewusst Vorschub leisten. Denken wir etwa an twitter, wo für die Botschaft nur eine bestimmte Zeichenanzahl zur Verfügung steht. Dadurch leidet aber oft der Inhalt, weil Verkürzungen in der Regel mit einer Verzerrung des Inhalts einhergehen. Wenn ich, um es bildlich darzustellen, bei einem Elefanten vorne den Rüssel abschneide und hinten den Schwanz, dann ist er zwar kleiner, aber er ist halt auch nicht mehr als Elefant erkennbar. Das passiert teils auch mit Sprache in der Kommunikation.
Wie könnte man diesem Phänomen, jetzt abgesehen von der schulischen Ausbildung, entgegenwirken und sozusagen mehr Auseinandersetzung
mit Sprache per se anstoßen?

Was mir in Österreich – im Unterschied zu Deutschland, wo das durchaus vorkommt – zum Beispiel abgeht, sind Sendungen, die Sprache selbst zum Thema machen, und zwar für ein „normales“ Publikum. Eine Art Dancing Stars auf sprachlicher Ebene sozusagen, wo das Publikum mit sprachlichen Phänomenen konfrontiert wird, sich über Sprache Gedanken macht, wo man die Laien einfach mitnimmt. Bei uns hingegen wird Sprache oft als etwas Abgehobenes und Elitäres empfunden, das quasi in den Bereich „Hochkultur“ fällt.
Was ja fast ein bisschen pervers anmutet, immerhin ist Sprache eine der ursächlichsten Fähigkeiten des Menschen überhaupt und damit das Normalste der Welt. Woher kommt diese Scheu?
Ich weiß es nicht. Ich konstatiere aber seit den 90er-Jahren einen sukzessiven Sprachverlust, damit einhergehend vor allem auch einen Diskursverlust. Jeder neigt dazu, sich eine fixe Meinung zu bilden – egal ob zu Anglizismen, zur Genderdebatte etc. – und steigt davon nicht mehr herunter. Es ist ein Zurückziehen aufs Individuum, in die eigene kleine Welt, nach dem Motto: „Der Rest der Welt ist mir wurscht.“
Das führt uns aber auch wieder zu den neuen Medien und die berühmten Echokammern, wo der Algorithmus mir nur mehr Informationen ausspuckt, die meinem Weltbild entsprechen. Sind also facebook, twitter & Co. schuld an der Misere?
Nein. Die werden zwar aktuell gerne verteufelt und man stößt sich daran, wie schlecht die Leute sozusagen auf diesen Kanälen kommunizieren – nur „schlimm“ waren die Menschen in diesem Sinne schon immer. Das sind eben aktuelle Ausdrucksmöglichkeiten. Neu daran ist, dass man tiefer als früher einen Momentblick in seine Seele gewährt, vielleicht unbewusst auch auf das, was ich gar nicht preisgeben möchte oder was der andere gar nicht so unbedingt von mir wissen möchte. Aber so ist es nun einmal. Das ist Beleg für die Lebendigkeit von Sprache und ihrer steten Veränderung. Wir beobachten etwa aktuell das Phänomen – wenn wir jetzt WhatsApp, SMS etc. betrachten – dass zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit überhaupt Mündlichkeit in ein geschriebenes Medium überführt wird. Das gab‘s noch nie! Wir bemühen uns deshalb beim Österreichischen Wörterbuch, mittlerweile auch Chatverläufe zu analysieren und Wörter aus diesen aufzunehmen.
Womit wir zu Ihrem „Hauptjob“ kommen. Sie sind ja Chefredakteurin des Österreichischen Wörterbuches. Was machen Sie da genau?
Ich sammle und beschreibe Neologismen, also neue Wörter und neue Wortbedeutungen.
Banal gefragt: Wo findet man die?
Viele Worte kommen heute aus der IT-Branche, aus dem Prozessmanagement – das ist sozusagen das neue Ding. Auch aus der Medizin findet vieles rasch Eingang in den Sprachgebrauch, ebenso aus der Kulinarik. Nehmen wir zum Beispiel „Coffee to go“. Das verzweigt sich immer mehr – heute gibt’s auch schon das Weckerl to go etc. Das heißt, das „to go“ ist ein beliebtes Wortbildungselement, das damit aber auch die Grammatik des Deutschen an sich verändert und erweitert.
Coffee to go ist im Österreichischen Wörterbuch – da werden Sprachpuristen aber aufheulen und das Ende des Abendlandes wähnen, oder?
Natürlich werde ich von manchen Kreisen gekreuzigt, weil ich Anglizismen ins Österreichische Wörterbuch aufnehme, aber wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass sich Sprache entwickelt, dass das schlicht passiert. Sprachpuristische Tendenzen gab es aber schon immer – im 18./19. Jahrhundert bekämpfte man etwa französische Ausdrücke, jetzt sind es eben englische. Ich glaube, da schwingt auch viel Angst vor der Globalisierung mit – aber auch diese ist eine Tatsache, die sich eben in der Sprache niederschlägt. Ich würde mir da oft mehr Sachlichkeit und weniger Emotion wünschen, und man kann diese Einflüsse ja auch als Bereicherung begreifen. Das macht nun einmal die jeweilige Sprachidentität mit aus, da schlägt sich Kultur und Geschichte in der Sprache selbst nieder.
Das heißt „Österreichisch“ gibt es tatsächlich, nicht nur „Deutsch“?
Es gibt ein österreichisches Deutsch, so wie es auch ein deutsches Deutsch gibt. Das merkt man am augenscheinlichsten an der Intonation, schlägt sich aber auch in der Grammatik, im Wortschatz, in der Semantik u. ä. nieder. Nehmen wir zum Beispiel das Wort Chefarzt: In Österreich versteht man darunter jenen Arzt, der in der Krankenkasse Therapien, Medikamente etc. bewilligt. In Deutschland meint man damit unseren Primar. Noch augenfälliger wird’s bei Ausdrücken wie Sackerl versus Tüte.
Diesbezüglich beschleicht einen mitunter das Gefühl, dass die österreichischen Ausdrücke zusehends verdrängt werden.
Was mir persönlich auf die Nerven geht, ist die Verwechslung des österreichischen Deutsch mit Dialekt – das sind nämlich zwei verschiedene Paar Schuhe. Damit einher geht auch die Unterscheidung in ein vermeintlich „schönes Hochdeutsch“, womit man das deutsche Deutsch meint, gegenüber einem nicht so schönen österreichischen Deutsch. Das ist natürlich Unsinn.
Zum einen gibt es keine schöne oder schirche Sprache, zum anderen ist eben das österreichische Deutsch unsere Varietät des Deutschen, die zugleich auch unsere Identität ausmacht und ausdrückt. Wenn ich glaube, meine Sprache ist nicht „gut“, färbt das ja auch auf mein Selbstwertgefühl ab, auf die eigene Nationalität, die ich quasi als minderwertig begreife. Daher ist das Bekenntnis zu den sprachlichen Eigenheiten wichtig – das Sackerl etwa ist Teil unserer sprachlichen Varietät, warum sollte man stattdessen Tüte sagen?
Sackerl ist also ein offizieller Eintrag im Wörterbuch. Wie schafft es ein Wort überhaupt ins Wörterbuch hinein?
Wenn wir auf Neologismen stoßen, untersuchen wir diese über einen Zeitraum von zwei Jahren, schauen uns an, wie es um seine Frequenz bestellt ist, wie es mit der Grammatik aussieht und Ähnliches. Nimmt der Gebrauch des Wortes innerhalb dieses Zeitraumes zu oder bleibt zumindest gleich, dann wird es ins Wörterbuch aufgenommen.
Fallen umgekehrt auch Wörter wieder raus? Weil wenn nicht, mutierte das Wörterbuch ja zu einem Wälzer, den die Schüler irgendwann mit der Scheibtruhe in die Schule ziehen müssen?
Nein, es gibt kaum Streichungen. Natürlich gibt es Wörter, die kaum mehr in Gebrauch sind, denken wir etwa an Base. Aber diese Wörter kommen nach wie vor in der Literatur vor, und das Wörterbuch ist ein Nachschlagewerk, wo man dann deren Bedeutung findet und die richtige Schreibweise – etwa auch für schwierige Wörter wie Fauteuil oder Chaiselongue. Damit es als Nachschlagwerk und auch für die Schule praktikabel bleibt, bemühen wir uns daher bei den Bedeutungen zu komprimieren und verzichten auf die Aufnahme von Komposita. Apfelsaft kann sich jeder selbst leicht aus Apfel und Saft herleiten.
Aber interessiert – jetzt abgesehen von zwangsvergatterten Schülern – überhaupt noch irgend-jemanden so ein Nachschlagewerk in Zeiten von Autokorrektur und Internet?
Tatsächlich ist die Auflage, wir arbeiten mittlerweile an der 44., unvorstellbar hoch und nach wie vor im Steigen begriffen. Das Bedürfnis nach einem Österreichischen Wörterbuch und damit auch am sprachlichen und kulturellen Wandel ist also ungebrochen.
Auch, weil Sprache in diesem Sinne ein jeweiliges Abbild der Wirklichkeit ist?
Sprache ist, wenn schon nicht den biologischen Begriff Organismus zu strapazieren, so doch etwas, das von der Gesellschaft lebt und sich in diesem Sinne stetig verändert, also nichts Starres. Das heißt dort, wo zum Beispiel viele Sprachen gesprochen werden, kommt es zu  Interferenzen, also Überlagerungen und gegenseitigen Einflüssen. Aus Sicht des Sprachwissenschaftlers ist das übrigens weder positiv noch negativ, sondern es ist einfach so.
Gerade in Österreich können wir übrigens aktuell ein sehr spannendes Phänomen beobachten. Während im Osten, im Großraum Wien, nämliche viele Sprachinterferenzen bestehen und dies dementsprechend Auswirkungen auf Wortschatz, Grammatik etc. hat, erleben wir im Westen eine Renaissance des Dialekts, was auch mit Ausdruck sprachlichen Selbstbewusstseins ist. Diese Gleichzeitigkeit verschiedener Phänomene auf einem so kleinen Raum ist bemerkenswert – auch das macht das österreichische Deutsch aus.