MFG - Hinter Schloss und Riegel
Hinter Schloss und Riegel


MFG - Das Magazin
St. Pöltens gute Seite

Hinter Schloss und Riegel

Text Rosa
Ausgabe 02/2006
Die Türe war noch nicht lange ins Schloss gefallen gewesen. Rosa lehnte ihren vom Wein schwer gewordenen Kopf einen Moment länger als gewöhnlich an das Holz und horchte in den stillen Gang hinaus. Wahrscheinlich hätte sie erwartet, dass J. seine Meinung änderte und er außer ein „Gute Nacht Rosa, schlaf schön“-Gesurre doch die Überlegung ausführte, die Nacht mit ihr zu verbringen. So aber konnte sie sich nur enttäuscht in ihr Schlafzimmer schleppen, wo sie ihre Kleider fallen ließ und unter die Decke schlüpfte, nicht ohne sich noch einmal vergewissert zu haben, dass sich draußen nicht doch etwas rührte. „So ein feiger Idiot aber auch! Macht einen auf Frauenversteher. Er wird noch sehen, was er davon hat“, zappelte Rosa ungeduldig herum, ehe sie mit einem Ruck energisch aus dem Bett hüpfte und in die Küche stapfte. Obwohl sie schon längst aufgehört hatte zu rauchen, war sie jetzt aufgebracht auf der Suche nach Zigaretten und fragte sich, warum J. bloß so mit ihr umging. „Kann es sein, dass J. seines stolzen Pfauengehabes selbst schon leid geworden war? Oder würde er wieder nur für eine Nacht bei mir bleiben?“ Am nächsten Abend verabredeten sie sich zum Essen. „Rosa, du siehst echt toll aus!“, hauchte J. und versucht im selben Atemzug ihre Taille zu umfassen, und sein Gesicht näherte sich. „Das hättest du wohl gerne, was? Erst lässt du mich monatelang zappeln, und nun kann es dir gar nicht schnell genug gehen. Nimm deine Pfoten weg, und …“, sprudelte es aus ihrem Mund, und wieder einmal fiel die Türe ins Schloss, ohne dass sie einen Schritt weiter gekommen wären.