MFG - Neue Helden braucht das Land
Neue Helden braucht das Land


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St. Pöltens gute Seite

Neue Helden braucht das Land

Text Johannes Reichl
Ausgabe 03/2010
So nennt die EAV ihr aktuelles Album und formuliert damit eine Sehnsucht, die zunehmend an allen Ecken und Enden hervorbricht. Unbehagen und Ratlosigkeit machen sich breit. Da nagt eine beunruhigende Vermutung tief in uns drinnen: Irgendetwas läuft schief.
Der Liberalismus hat uns Freiheit geschenkt, mit der wir nichts mehr anzufangen wissen, und die wir im Konsum zur banalen Ersatzbefriedigung haben verkommen lassen, die sich in der „freien Wahl“ zwischen „feh classic“ oder „feh menthol“ erschöpft.
Der technische Fortschritt hat uns mehr Zeit gebracht, die wir aber nicht nutzen. Anstatt uns bisweilen der Muße hinzugeben, stopfen wir die Frei-Zeit bis zur letzten Hundertstelsekunde an und hetzen völlig gedankenlos dahin.
Wir haben Parteien, die nicht mehr wissen, wofür sie stehen. Ein Wirtschaftssystem, das in seiner zunehmend deregulierten Eigendynamik zur unzähmbaren Hydra ausgewachsen ist und wie ein Diamantschneider einen tiefen Graben in die Gesellschaft zieht. Wir sind erfüllt von Gier, die doch nicht satt macht. Von Wohlstand, der nicht befriedigt, sondern uns wie trenzende Pawlowsche Hunde dem immer Neuem, „Besserem“ hinterherhecheln lässt, das uns eine manipulierende Werbeindustrie als eine Art pseudo-religiösen Schlüssel zur Glückseligkeit verheißt.
Wir sind Getriebene. Fremdgesteuert. Bewusstlos taumeln wir durchs Leben. Der Preis? Zunehmende Seelen- und Substanzlosigkeit auf allen Ebenen. Vereinsamung in der Masse einer globalen Weltgemeinschaft. Identitäserosion.Der gesellschaftliche Zusammenhalt bröckelt – nicht mehr nur an den Rändern, sondern mittendrin in unseren Herzen. Solidarität und Mitmenschlichkeit, einst Kardinaltugenden dieses Landes, sind einem engherzigen, von Kronenzeitung und FPÖ geschürten Turbo-Egoismus gewichen. Solidarisch ist man nur mit den Nahen, nicht mehr mit den Nächsten.
Und unsere Eliten? Schweigen. Weil es sie gar nicht mehr gibt? Oder weil sie keine Antworten wissen, ratlos sind wie wir? Wo sind die Helden, die gegensteuern? Die die Stimme erheben, weil sie auch etwas zu sagen haben. Die anpacken? Und wie müsste so ein neuer Held aussehen? Eine rein persönliche Job-Description nach dem Motto:

„Eigenschaften eines tugendhaften Menschen“
beständig – aber nicht starr
empfindsam – aber nicht empfindlich
entschlossen – aber nicht rücksichtslos
frei – aber nicht egoistisch
gelassen – aber nicht träge
geradlinig – aber nicht eindimensional
gerecht – aber nicht moralisierend
großzügig – aber nicht maßlos
hilfsbereit – aber nicht aufdringlich
klug – aber nicht besserwisserisch
idealistisch – aber nicht naiv
kompromissbereit – aber nicht feig
kommunikativ – aber nicht geschwätzig
konsequent – aber nicht verbissen
kooperativ – aber nicht opportunistisch
kritisch – aber nicht verletzend
leidenschaftlich – aber nicht fanatisch
mutig – aber nicht leichtsinnig
offen – aber nicht oberflächlich
realistisch – aber nicht visionslos
respektvoll – aber nicht unterwürfig
selbstbewusst – aber nicht eitel
stark – aber nicht erdrückend
tolerant – aber nicht gleichgültig
überzeugt – aber nicht fundamentalistisch
verantwortungsbewusst – aber nicht vereinnahmend
umgänglich – aber nicht anbiedernd
wachsam – aber nicht paranoid
weise – aber nicht saturiert

Neue Helden braucht das Land! Das hat nichts mit Kulturpessimismus zu tun, nichts mit Fatalismus, Lethargie oder gar dem Ruf nach dem starken Mann – Gott behüte. Das ist eher ein Weckruf. Ein Aufruf – an Sie! Neue Helden braucht das Land! Jeder von uns hat das Zeug dazu, einer zu werden – und gegenzusteuern! Jetzt!