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Domplatz Déjà-Vu – Parken oder nIcht Parken?


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St. Pöltens gute Seite

Domplatz Déjà-Vu – Parken oder nIcht Parken?

Text Georg Renner , Jakob Winter
Ausgabe 03/2021
GEORG RENNER
Der Wilhelmsburger arbeitet als Journalist bei der „Kleinen Zeitung“.

„Muss man ohne Not einen funktionierenden Platz umbauen?“


Wer Stadtplanung im Vorhinein kritisiert, muss vorsichtig sein: Die Geschichte ist nicht gütig zu jenen, die dabei völlig danebenhauen. Schau nach bei der Wiener ÖVP, die dereinst in den 1960ern gegen die Errichtung der Donauinsel war, die inzwischen doch ganz gut angenommen wird.
Trotzdem gehe ich auf volles Risiko, in fünf Jahren als fossiler Tattergreis dazustehen, wenn ich sage: Ich finde, der Domplatz könnte ruhig so bleiben, wie er ist. Mal Markt, immer wieder Veranstaltungsort, meistens Parkplatz: Entgegen der weit verbreiteten Ansicht, Autos müssten um jeden Preis raus, ist das nicht die schlechteste Mischung in einer Innenstadt.
St. Pölten hat schon jetzt eine der größten Fußgängerzonen diesseits der Traisen – mit dem Rathaus- und vielen kleineren Plätzen noch dazu mit einer Menge Platz für Veranstaltungen aller Art. Ich sehe eigentlich nicht, wofür es einen zweiten größeren permanent freien Platz braucht. Wenn es ein Park wäre, oder ein Spielplatz: klar. Aber eine neue Steinwüste, ich weiß nicht … dann doch lieber die jetzige Multifunktionsvariante.
Klar ist: Parkplätze – idealerweise alle mit E-Ladestation – wird es auch auf dieser Seite der City brauchen, um sie gut erreichbar und v. a. für die ältere Generation zugänglich zu halten. Man kann den Platz natürlich schöner gestalten, pardon: überhaupt einmal gestalten – aber seinen Charakter dürfte er durchaus beibehalten.
Natürlich kann man das Auto-Aufkommen in eine weitere Tiefgarage verbannen – unter dem Bischofsgarten, wie geplant. Aber man kann sich schon fragen, ob man das Geld nicht sinnvoller einsetzen könnte, als ohne Not einen grundsätzlich funktionierenden Platz umbauen zu wollen. (Eine Möglichkeit, an der sich sowohl Stadtgestalter als auch Finanzierer wirklich ausleben könnten, wäre z. B. die Anbindung zwischen Regierungsviertel und dem Rest der Stadt.)
Andererseits: Das Leben wird auch auf einem autofreien Domplatz weitergehen. Und wer weiß, vielleicht wird es einst die Donauinsel von St. Pölten.

JAKOB WINTER
Aufgewachsen in St. Pölten, emigriert nach Wien, Redakteur beim „profil“.

„Die ideale Lösung: Parkraum unter der Erde, Platz zum Leben darüber.“


Stellen Sie sich kurz vor, der St. Pöltner Rathausplatz wäre keine Fußgängerzone mehr – sondern der bestgelegenste Parkplatz der Stadt. Fahrzeuglenker könnten direkt von ihrer Autotür ins Geschäft fallen: Einparken, aussteigen, einkaufen. Der Parkplatz im Zentrum hätte freilich ein paar unangenehme Nebeneffekte: Das Sommerfestival, der Christkindlmarkt und zig andere Events müssten sich einen anderen Standort suchen. Und auch die Gastgärten, die in den Sommermonaten inzwischen so gut gefüllt sind, dass man den Rathausplatz für eine italienische Piazza halten könnte, müssten weichen.
Was heute unvorstellbar ist, war vor ein paar Jahrzehnten noch heftig umstritten: Ein autofreier Rathausplatz. Heute ist es umgekehrt. Keine Unternehmerin und kein Politiker käme je auf die Idee, den Rathausplatz für den motorisierten Verkehr freizugeben. Die Autos parken eine Etage tiefer, dort, wo sie dem urbanen Treiben keinen Raum streitig machen.
Etwa 300 Meter weiter ist dieser Konflikt noch voll im Gange – Benziner konkurrieren am Domplatz mit Bummlern, Motoren und Marktstandler wechseln sich ab. Dabei hätte der autobefreite Domplatz viel Potenzial: Die Lage ist optimal, als weitaus größter Anrainer stört sich der Dom nicht daran, wenn draußen Konzerte oder Theatervorstellungen lärmen. Der Domplatz könnte den inzwischen gut gebuchten Rathausplatz etwas entlasten. Mehr Freiluftkonzerte, neue Gastgärten und zusätzliche Markttage könnten die Folge sein. Ein paar Grünflächen würden sich in der City auch gut machen.
Weniger Parkplätze brächten allerdings neue Probleme: Dass alle Innenstadtbesucher künftig mit Rädern und Bussen anreisen – vorerst unrealistisch. Ein paar Ersatz-Stellplätze wird es wohl brauchen, um ausreichend Frequenz in der City zu garantieren. Die geplante Parkgarage unter dem Bischofsgarten wäre die ideale Lösung: Parkraum unter der Erde, Platz zum Leben darüber.
Auch wenn die Vision vom autofreien Domplatz noch ein bisschen unvorstellbar ist – keine Sorge, das war beim Rathausplatz auch so.