MFG - Anpfiff
Anpfiff


MFG - Das Magazin
St. Pöltens gute Seite

Anpfiff

Text Sascha Harold
Ausgabe 11/2021

In Sachen neuer SC Fußballplatz am Kremserberg wird es ernst. Die städtische Machbarkeitsstudie befindet sich „in der letzten Phase“, wie es aus dem Rathaus heißt.Sie wird, wie man hört, positiv ausfallen.


Bereits im April titelte die NÖN „Eine neue Heimat scheint gefunden“ und Anfang Mai freute sich der Bürgermeister in einer Presseaussendung „dem ‚Traditionsverein eine gute Perspektive für die Sportler und Funktionäre sowie die Stadt‘ anbieten zu können.“ Auch auf eine Machbarkeitsstudie wurde verwiesen. Weniger glücklich reagierten die Anrainer. Sie fühlten sich überrumpelt, weil sie aus der Zeitung erfahren hatten, dass vor ihrer Haustür eine Fußballanlage kommen soll, „wofür bereits Fotos am Areal geschossen wurden. Das suggerierte, dass das Projekt sowieso fix ist“, erinnert sich ein Vertreter der IG Kremserberg. Die Interessensgemeinschaft gründete sich, um den Anliegen der Anrainer eine Stimme zu geben, die wieder­um Stadt und Verein in ihrem Ton als Foul empfanden. Spätestens seit einem ersten persönlichen Treffen des Bürgermeisters mit der IG Ende Oktober scheint aber etwas Ruhe in die Partie gekommen zu sein. Bereits im Vorfeld hatte die IG „bis auf Widerruf“ das aktive Sammeln von Unterschriften zur Erhaltung des Naherholungsgebietes Panoramaweg ruhend gestellt, „bis wir wissen, was jetzt wirklich konkret kommen soll.“  Gut 1.000 Unterzeichner hatten bis dahin ihre Solidarität mit den Forderungen der IG bekundet. Das Gespräch beim Bürgermeister bezeichnen beide Seiten als „konstruktiv“, seitens der IG hat man den Eindruck, „dass der Bürgermeis­ter unsere Bedenken ernst nimmt und nicht über die Anrainer drüber fahren wird.“ Die Stadt wiederum hat ein Folgetreffen mit den Anrainern zugesagt, „um ein mögliches Ergebnis der Studie direkt zu diskutieren und diesbezüglich auch offen zu kommunizieren.“

Der Standort

Seitens der Stadt möchte man die Herbergssuche für den SC St. Pölten endlich abschließen. Diese dauert bereits mehrere Jahre. Zwar sei im Zuge der Studie auch „eine Sanierung des Bestandsgeländes des SC St. Pölten untersucht“ worden, diese wurde aber „als wenig sinnvoll“ verworfen. Wer die aktuelle Situation des SC vor Ort kennt, kann das nachvollziehen. Zugleich weist die Stadt darauf hin, dass in den vergangenen Jahren auch „andere Standorte im Osten oder im Norden St. Pöltens auf ihr Potential überprüft wurden“, aber ein Fußballplatz bedürfe „einer Vielzahl an Kriterien. Die Variante beim Wirtschaftshof erfüllt alle in der ersten Phase relevanten Anforderungen“, vom Platzangebot bis hin zur Verkehrsanbindung.
Dabei war der Wirtschaftshof-Standort definitiv nicht die erste Wahl. Ursprünglich galt der brachliegende Sturm 19-Platz als gesetzt. Deshalb wirkte 2019 auch SC Obmann Erich Sumetsberger gegenüber dem KURIER einigermaßen konsterniert, als er von einer anderen Nutzung des Areals erfuhr, weil es „die fixe Zusage des Bürgermeisters gab, dass wir auf den Sturm 19-Platz übersiedeln werden.“
Woran der Fußballplatz dort genau gescheitert ist, darum ranken sich verschiedene Mythen – eine geht so, dass sich zunächst Sturm 19 und der SC nicht einigen konnten. Eine andere, dass dem SC kein Vorschlag der Stadt recht war. Die dritte, dass der Stadt irgendwann der Geduldsfaden riss und sie Fakten schuf, die noch heute gelten: „Das ehemalige Gelände des FC Sturm 19 soll im dortigen, verdichteten Wohngebiet als Park genutzt werden und zur Naherholung dienen, weshalb dieses Areal nicht mehr infrage kommt.“ Der Blick fiel wieder auf den Kremserberg. „Das verstehen wir bis heute nicht – bei uns am Kremserberg wird ein ausgewiesenes beliebtes Nacherholungsgebiet zum Sportplatz, während der bereits als Sportplatz gewidmete Sturm 19-Platz zum Park wird“, räumt ein Anrainer ein, „ganz abgesehen von den Windverhältnissen hier oben – da bleibt ja nicht einmal der Ball am Elfmeterpunkt liegen“, fügt er schmunzelnd hinzu.


Das Naherholungsgebiet
Tatsächlich fürchten die Anrainer aber allen voran um den Verlust des „Naherholungsgebietes Panoramaweg“. Und genau in diesem Punkt herrscht vielleicht das größte Missverständnis. Die Stadt betont nämlich, dass das für die Sportanlage vorgesehene Areal ja seit jeher „eine Erweiterungsfläche für den Wirtschaftshof“ gewesen sei. Kurzum: Dass es über kurz oder lang verwertet wird. Zugleich verspricht man, dass im Falle der Umsetzung „in jedem Fall der Panoramaweg natürlich nicht verbaut werden würde und der Bau auch keine Auswirkung auf den Blick über St. Pölten hätte.“ Doch die Bewohner betrachten das gesamte Areal als Naherholungsgebiet – also inklusive Wiesen, Felder, Panorama Richtung Westen, wie es auch in diversen Foldern der Stadt beworben wird. All dies sieht man nun gefährdet, zumal Pläne kursieren, die ein maximales Ausnutzen der Erweiterungsfläche und damit ein maximales Heranrücken der Sportanlage an die Siedlung nahelegen. Seitens der Stadt hält man fest, dass „die erwähnten Pläne von Dritten angefertigt wurden und nichts mit der Machbarkeitsstudie zu tun haben.“ Dies wiederum schürt die Hoffnung in der Gartenstadt auf eine Art Pufferzone zur Siedlung, zumal auch das Wort „Grundstücks­tausch“ in letzter Zeit herumgeistert. „Es gibt ja viele Felder oben rund um den Wirtschaftshof und das vorgesehene Grundstück der Stadt. Würde hier ein Grundstückstausch gelingen, müsste der Platz nicht soweit an die Siedlung heranrücken und es blieben zum Siedlungsgebiet hin Grünflächen und Felder bestehen. Die Fußballanlage wäre weiter weg, was Lichtverschmutzung und Lärm reduzieren und keinen Anreiz für zusätzlichen Verkehr schaffen würde“, hofft man seitens der IG. Die Stadt ging auf eine diesbezüglich konkrete Frage zum Thema „Grundstückstausch“ nicht näher ein.


Kompromisse
Gerade die Themen Verkehr, Lärm und Licht sind abseits des Naherholungsgebiets klarerweise die Hauptas­pekte, die den Anrainern Sorgenfalten bereiten. Diesbezüglich beruhigt die Stadt und verweist auf die Machbarkeitsstudie. „Bei der Studie handelt es sich ja nicht nur um eine Analyse der technischen Umsetzung des Standortes, sondern auch um Untersuchungen zum Thema Lärm- und Lichtschutz in Anbetracht der nächstwohnenden Anrainer. Potentielle Auswirkungen auf Anrainer stellen einen wesentlichen Aspekt der Machbarkeitsstudie dar.“ Letztlich gehe es darum „eine – für alle Beteiligten – bestmögliche Lösung zu finden“ und einen Spagat zwischen den verschiedenen Interessen, die in einer Kommune vorherrschen, zu schaffen.  
Wie heißt es so schön: Ein Spiel dauert 90 Minuten und am Ende gewinnen immer die Deutschen. Wenn man sich in diesem Match auf ein faires Remis einigt, gehen wohl alle als Sieger vom Platz.  

SC ST. PÖLTEN & STADION NEU
Der SC Landhaus St. Pölten wurde 1913 gegründet und zählt zu den Traditionsklubs der Stadt. Aktuell hat er 160 aktive jugendliche und 40 erwachsene Fußballer, es werden acht Mannschaften geführt. Eine Sanierung des alten Platzes wurde im Zuge der Machbarkeitsstudie verworfen. Der neue Platz soll über ein Hauptspielfeld, einen Trainingsplatz, Kantine, Tribüne und weitere Infrastruktur verfügen.

Transparenzhinweis 1
Chefredakteur Johannes Reichl ist Anrainer der Gartenstadt Kremserberg, aber nicht in der IG Kremserberg aktiv. Der Artikel wurde aus Gründen der Objektivität und Äquidistanz an den in Wien lebenden Redakteur Sascha Harold vergeben.

Transparenzhinweis 2
MFG hätte natürlich auch gerne SC St. Pölten Obmann Erich Sumetsberger zu „seinem“ möglichen neuen Fußballplatz befragt, leider kam trotz mehrfacher Versuche und Zusage kein Gespräch zustande: Sumetsberger spielt klassisches italienisches Catenaccio. Unter anderem hätte uns interessiert, welche Hoffnungen er auf den neuen Standort setzt, warum es aus dem Sturm 19 Platz nichts wurde, was seine Meinung zum Standort beim Wirtschaftshof geändert hat, über den er 2019 gegenüber dem Kurier noch meinte „Das ist wie hinter einem eisernen Vorhang abgetrennt. Die Eltern sollen ja keine Angst haben, wenn die Kinder in der Finsternis heimgehen“, wie schwierig es in Zeiten allgemeinen Fußball-Vereinesterbens ist, einen Fußballklub erfolgreich zu führen und welche Maßnahmen der SC als potenzieller neuer Nachbar der Gartenstadt im Sinne friedlicher Koexistenz setzen wird bzw. umgekehrt welche er sich von den Bewohnern dort wünscht.