MFG - Pottenbrunner Singleconference
Pottenbrunner Singleconference


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St. Pöltens gute Seite

Pottenbrunner Singleconference

Text Johannes Reichl
Ausgabe 05/2007

Eigentlich hätte es ja eine Doppelconference werden sollen. Die zwei vermeintlichen Kontrahenten im Pottenbrunner Ortstafelstreit an einem Tisch: Bürgermeister Stadler und Gemeinderat Adl. Immerhin beklagte der Bürgermeister jüngst im Gemeinderat, dass Adl bislang noch nicht mit ihm gesprochen habe. Dem wollten wir Abhilfe schaffen und luden beide zum Talk in Pottenbrunn.

Doch – verwunderlich – während Adl sofort zusagte, ließ uns der Bürgermeister drei Wochen im Unklaren, um dann per sms abzusagen, weil er keine Zeit fände. Schade. So schrumpfte die Doppel-, zur Singleconference.
Der Bürgermeister ist verhindert. Was sagen Sie dazu?
Er wird schon seine Gründe haben. Ich nehm’ jetzt einmal nicht an, dass er etwa aus Angst vor dem „Feind“ nicht kommt. Vielleicht ist ihm das Thema ja unangenehm, oder es ist doch nicht so, wie er immer behauptet, dass er mit jedem Bürger spricht.
Zum Reden gehören aber immer zwei. Gab es zwischen Ihnen beiden in der Causa wirklich noch keinen Kontakt?
Ich hab’ den Bürgermeister kürzlich am Rande einer Veranstaltung angesprochen, also nicht offiziell über die Sprechstunde angeklopft. Ich dachte, dass wir über informellen Smalltalk vielleicht leichter ins Gespräch kommen. Von seiner Seite ist aber eine Reaktion ausgeblieben.
Ihre Reaktion auf die Ankündigung neuer Ortstafeln war dafür umso heftiger. Warum?
Wenn man eine so sichtbare Änderung vornimmt, muss man die Bevölkerung einbinden. Dabei ist ja bis jetzt nichts passiert. Wenn das über Nacht gekommen wär, dann hätte es eine Riesendiskussion gegeben.
Okay, aber diesbezüglich muss man dem Bürgermeister zugute halten, dass er im Vorfeld zum Parteiengespräch geladen hat, also eh nicht drübergefahren ist?
Das stimmt schon. Hannes Sassmann war beim Parteiengespräch dabei und hat dort gemeint, wenn man das vernünftig umsetzt, wird es okay sein, er muss aber noch seine Kollegen informieren. Als ich gehört habe, dass St. Pölten als Ortstafel kommen soll und in irgendeiner Form der Ortsteil, hab ich eingewandt, dass ich mir das so nicht vorstellen kann und man das in der Breite diskutieren muss. Auch fraktionsintern hat es unterschiedliche Meinungen gegeben. Als man aber gesehen hat, wie manch Mandatar in der Sache extrem emotional geworden ist, wurde erkannt, dass da mehr dahinter steckt.
Man gewann aber den Eindruck, dass man gar nicht diskutieren will, sondern sofort auf stur schaltet.
Das hat mit der ersten Meldung in den NÖN zu tun. Ich hab in einem Nebensatz gemeint „Wenn man uns nicht will, dann soll man uns das sagen.“ Das wurde dann zur Headline gemacht und hat alles andere überdeckt. Ich hab nämlich auch von Beginn an gesagt, dass man über verschiedene Varianten reden kann.
Das heißt die Medien sind mit schuld an der „Eskalation“?
Sie haben sicher dazu beigetragen, wobei das nicht verwerflich ist. Das gibt halt in der Vermittlung mehr her. Sogar der ORF hat das Thema aufgegriffen, auch im Zuge dieses Beitrages kamen die unterschiedlichen Sichtweisen zutage.
Aber warum wurde die Debatte so hitzig? Ist eine Ortstafel so lebenswichtig für das Pottenbrunner Ego?
Das hat seine Wurzeln in der Geschichte der Gemeinde, die ja schon 890 erstmals urkundlich erwähnt wird. Die Bewohner sind hier über verschiedene Feste, Vereine fest verwurzelt, haben eine starke Bindung zum Ort. Dann gibt es dieses kleine Zündhütchen – die Eingemeindung 1972, wobei ich da gar keine Schuldzuweisung machen möchte. Das haben damals Rot und Schwarz ausgepackelt und sind brutal über die Gemeinde drübergefahren. Damals gab es eine Befragung – fast 99% waren dagegen. Trotzdem konnte man die Eingemeindung nicht verhindern. Die Leute hatten den Eindruck „Uns ist es nicht möglich, unser Geschick selbst in die Hand zu nehmen.“
Und das nagt nach 35 Jahren noch immer am Seelenkostüm aller Bürger?
Nicht aller, denn natürlich hat sich die Bevölkerung gewandelt, und es gibt auch jene, denen es egal ist, die später gekommen sind, die nicht so eine starke Bindung zum Ort haben – was man den Leuten nicht verübeln darf. Aber die Älteren, die noch als Aktive die Eingemeindung miterlebt haben, sind natürlich viel sensibler und stärker emotionalisiert.
Das heißt nach 35 Jahren fühlen sich Teile der Pottenbrunner noch immer nicht als St. Pöltner? Da muss ja irgendwas in Sachen Integration schief gelaufen sein?
Viele würden sich gern als Landeshauptstädter, als St. Pöltner fühlen, aber das wurde uns – und ich glaube das Problem hat der neue Bürgermeister in dieser Sache einfach übersehen bzw. unterschätzt – lange Zeit vergält. Das betrifft ganz banale Dinge, etwa den Kanal, der so spät gekommen ist, während schon alle Gemeinden einen hatten. Dann dieses ewige Gefühl, dass man als Bittsteller behandelt wird, wenn man um Subventionen für Aufführungen, Vereine etc. angesucht hat, während jene in der Stadt diese offensichtlich leichter bekommen haben. Es gab Jahre, da ist überhaupt nichts passiert! Da war stets dieses latente Gefühl, dass man für Pottenbrunn gerade nur das macht, was man machen muss. Als wären wir das ungeliebte Kind.
Als in dieser Diskussion nun Kritik aus Pottenbrunn laut wurde, kam sofort wie aus der Pistole geschossen: „Na was wollen die, wir haben ja den Kanal gemacht, die Straßen etc.“ Aber das sind ja keine Geschenke der SPÖ! Den Anschluss zahlt sich jeder Bürger über die Anschlussgebühren selbst.
Aber die SPÖ ist ja nicht die Stadt?
Ja, aber sie tritt so auf, wenn es ihr etwas bringt.
 
Aber sind Sie nicht auch selbst schuld an diesem Bild der „armen Pottenbrunner“, weil sie umgekehrt gleich Stereotypen wie „Na die Großen in St. Pölten richten sich’s“ strapaziert haben?
Da haben sie schon recht zum Teil. Vielleicht hab ich mich reflexartig in diese Rolle drängen lassen. Es sind ja Gegenreflexe gekommen, und so hat sich die Sache in die Höhe geschaukelt. Manche Politiker sollten schon in sich gehen, warum Reaktionen kommen, wie sie kommen. Man hat versucht mich als jemand zu punzieren, der generell etwas gegen St. Pölten hat, was natürlich völliger Blödsinn ist. Aber meinerseits war vom ersten Tag an das Angebot: Setzen wir uns zusammen.
Das heißt, die Pottenbrunner sind kompromissbereit, eine Lösung möglich?
Die Möglichkeit besteht sicher, wobei viele Bürger – egal aus welchem Stadtteil – der Ansicht sind, dass ein genereller Austausch sämtlicher Ortstafeln ohnedies Verschwendung ist. Dies aber nur am Rande.
Eine Möglichkeit ist, die Ortstafeln so zu belassen, wie sie sind, und dafür die derzeit „unsichtbaren“ Werbetafeln durch ordentlich sichtbare auszutauschen. Richtige Knaller, so dass es jeden reißt, und er sofort weiß – ah jetzt bin ich in St. Pölten. Derzeit ist es ja wirklich so, dass jemand nach Pottenbrunn kommt und mitten im Ort steht auf einmal ein Wegweiser Richtung St. Pölten – obwohl er ja schon in St. Pölten ist.
Eine zweite Möglichkeit – diesbezüglich hab ich mich informiert, die wäre auch gesetzeskonform – bestünde darin, unter die Einfahrtstafel eine Zusatztafel mit Gemeinde St. Pölten anzubringen.
Und beide Ortsbezeichnungen auf einer Tafel, quasi brüderlich vereint?
Auch das könnte ich mir vorstellen, wenn es gesetzlich möglich ist bzw. erlaubt wird – also oben Pottenbrunn und darunter Gemeinde St. Pölten. Das wäre eine klassische österreichische Lösung.
Aber die wäre ja nicht schlecht, also eigentlich sogar genau das, was sich eh alle Vernünftigen wünschen?
Ja. Damit wären aller Ansprüche befriedigt. Der Bürgermeister hat die Chance. Er soll sie ergreifen!