MFG - Ein echter Piefke
Ein echter Piefke


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St. Pöltens gute Seite

Ein echter Piefke

Text Matthias Steinperl
Ausgabe 05/2006

Es ist uns gelungen, den wohl prominentesten Vertreter unserer liebsten Nachbarn für ein Interview zu gewinnen. Standesgemäß auf Mallorca – wo sonst – »quatschten« wir mit Johann Gottfried Piefke über Fußball, Deutschland und über alles.

Hallo Piefke.
Schön’ juten Tach auch, ne. Aber wenn wir schon dabei sind, könn’ Sie den Herrn auch noch vor dem Piefke sagen, ne. Soviel Zeit muss sein und nur weil ihr Ösis uns oft abfällig behandelt, heißt det noch lange nischt, dass det auch bei den anderen so is, ne. Der Deutsche an sisch is beliebter als ihr da in der Bergen meint, ne. Und damit mein ich nich nur billige Arbeitskräfte.

(für sich: Da bin ich mir auch ganz sicher. Drum gibt’s ja auch in den meisten Sprachen der Welt – wie zum Beispiel Englisch, Italienisch, Französich, Polnisch, Niederländisch und so weiter und so fort –  ein eigenes Wort für »Piefke«.) Aber kommen wir zur ersten Frage.

Was die Welt schon lange interessiert und bewegt: Ist Ihnen da nicht heiß in Ihren Tennissocken in den Sandalen? Ich mein, hier auf Mallorca ist die Hitze ja nicht ohne. Man kann ja beinahe von der greatest Hitz sprechen.
Gut, dass Sie mich det fragen, junger Mann. Da kann ich gleich einmal etwas klarstellen und ihr könnt von uns wat lernen, ne. Wir in Deutschland können da auf eine lange Tradition zurückblicken, was die Zusammenführung von modischer Treffsicherheit und Funktionalität betrifft. So auch bei der Tennissocke und ihrer Einbettung in die Sandale. Das geht schon zurück auf die Brüder Dassler, die das Unternehmen Adidas gegründet und u.a. den Stollenschuh erfunden haben.

Die »Packeln« wie man bei uns sagt.
JGP: Wat? Die Päckchen? Is ja Schnuppe. Jedenfalls haben die zwei Dasslers ja auch schon seit den 20er Jahren auf die Faktoren Mode und Funktion großen Wert gelegt, ne. Und uns ist das als ganzes Volk irgendwie in die Wiege gelegt worden. Deshalb: ein klares Bekenntnis zu Sandale und Socke. Und gerade hier in der Heimat ist es umso wichtiger, dass man weiß, wer zusammengehört. Bei den ganzen Ausländern hier, ne.

Wir befinden uns hier auf Mallorca.
JGP: Eben. Also in der Heimat. Hier fühlen wir uns pudelwohl, hören unsere Musik, angefangen bei Udo Jürgens bis hin zu Mozart, trinken deutsches Bier und deutschen Sangria.

Ah ja. Und Lolita wahrscheinlich auch. Die Grenzen sind ja fließend. Was den Kulturaustausch betrifft, haben Sie es ja noch nie allzu genau genommen. Sogar die Hymne ist von unserem Haydnpepi gefladert.
Wat heißt den jetzt »jefladert« schon wieder. Ihr mit eurem komischen Deutsch. Und wer war dieser »Haydnpepi«?

Is eh wurscht. Solang ihr uns den Hitler nicht zurückschanzt, dürfts euch auch den Udo behalten. Und den Mahrhansi. Und was weiß ich noch wen. Aber den Beckenbauer müsst ihr euch behalten, auch wenn er in Kitzbühel sein Lusthaus betreibt. Kaiser brauch ma keinen mehr. Da reichen uns die, die es gerne wären.
Also ich hab jetz überhaupt nisch kapiert, ne.

Wieder amoi. Kommen wir zu etwas, was die Deutschen wirklich einmal beliebt machen kann: ihr Ausscheiden bei der Fußball WM.
Wat heißt da ausscheiden? Da werdet ihr dann wieder alle Bauklötze staunen, wenn unser Mannschaftsbus am 9. Juli vor dem Berliner Olympiastadion vorfährt. Wir haben jetzt ne Elf, die mit ihren Sympathieträgern nahtlos an die Zeiten eines Toni Schumacher und Lodda Matthäus anknüpft. Wir sind wieder wer im internationalen Sport, wenn ich Sie mal an unseren Olympiatitel in Damen-Zweierbob erinnern darf! Aber wie auch immer: Ich find es wirklich dufte, dass der Fußball in seine Heimat zurückkehrt.

Jetzt fladert der schon wieder. (Flüstert: Aber er hat ja sonst nix.) Ist Ihnen eigentlich schon aufgefallen, dass Deutschland im internationalen Fußball eine eher untergeordnete Rolle spielt?
Aber diese Rapid hatten wir doch ganz schön im Griff.

Was ja wirklich eine beachtliche Leistung darstellt. Was sagen Sie als Betroffener Piefke zur Goalieentscheidung – sorry – Torwartentscheidung?
Von der Sympathie her gesehen würd ich den Olli Kahn und den Jens Lehmann ziemlich gleich einschätzen. Mir wär der Olli irgendwie lieber gewesen, weil er doch mehr das Preußische verkörpert.

Apropos »preußisch«. Vielleicht noch ein paar Worte zu Ihrer Biografie. Wie kam es eigentlich dazu, dass Sie zum Namenspatron einer ganzen Nation wurden?
Also det war genau am 31. Juli 1866 bei Gänserndorf bei einer Militärparade anlässlich unseres Sieges gegen die Österreicher – sozusagen unser Cordoba. Jedenfalls: Wie Sie wohl alle wissen werden, bin ich ja Militärmusiker und Komponist. Und für die Parade hab ich den Königgrätzer Marsch geschrieben und ihn mit meinem Bruder Rudi auch gleich selbst dirigiert. Das hat den Leuten scheinbar gefallen und sie haben gerufen: »Die Piefkes kommen!«. Ja und irgendwie hat sich das dann durchgesetzt, ne. Angeblich, weil wir und unsere Armee so zackich aufjetreten sind.

Schöne Geschichte. Obwohl das mit den Österreichern und ihrer Aversion gegen die Deutschen stimmt ja auch nicht ganz. Wissen Sie übrigens, was uns an den Deutschen am besten gefällt?
Hm. Ne, da hab ich keene Ahnung.

Sehen Sie, wir auch nicht!

Zur Person:
Johann Gottfried Piefke, 1815 bis 1884, fungiert seit 1866 als Namenspatron aller Deutschen (so die Legende). Weniger bekannt wurde er in seiner eigentlichen Profession als hochdekorierter »Preiss«, Militärmusiker und Komponist.