MFG - Ein Grund für St. Pölten
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St. Pöltens gute Seite

Ein Grund für St. Pölten

Text Michael Käfer
Ausgabe 06/2014

„Gemeinschaftliches Gärtnern schafft Orte der Produktion von Lebensmitteln, der Kommunikation, von Lerngewinn und Erfahrungsaustausch, sowie der biologischen Vielfalt – mitten in der Stadt“, so lässt sich auf der Homepage des Lebensministeriums über den Trend „Urban Gardening“ nachlesen – dieser ist mittlerweile auch hierzulande angekommen.

Nachdem „Urban Gardening“ vor einigen Jahren noch in Form einer inszenierten Kunstaktion am Riemerplatz in St. Pölten Aufsehen erregte, ist der Trend seit langem auch am Sonnenpark im Süden der Stadt integraler Bestandteil des Vereines LAMES. So wird auf dem von der Stadt bis auf Widerruf bereitgestellten Areal, wo auf Sicht eine Wohnsiedlung entstehen soll, nicht nur Kunst getrieben, sondern auch gegärtnert. Auch ein aktuelles Projekt der FH für Soziale Arbeit unter dem Titel „GRUND“ wird ebendort umgesetzt werden, wobei der Gemeinschaftsgarten vor allem Menschen in bzw. nach einem Asylverfahren ermöglichen soll, einer sinnvollen Tätigkeit nachzugehen und gleichzeitig mit Einheimischen in Kontakt zu treten. Deshalb sollen sich auch St. Pöltner Hobbygärtner vom „GRUND“ angesprochen fühlen, wie die Studierende Johanna betont: „Jeder Helfer ist willkommen!“
Und derer gibt es einige. 15 Studierende und zwei Lehrende sind beteiligt, etwa noch einmal so viele Flüchtlinge, und auch die ersten St. Pöltner „Nachbarn“ haben bereits den Weg zu den frei zugänglichen Beeten gefunden.
Das Geld für Saatgut und Werkzeug wurde über Spendenaufrufe – etwa über die eigene Homepage www.gartenprojekt.at – zusammengetragen. Student Jörg berichtet von „derzeit rund 70 bepflanzten Quadratmetern, wobei wir noch einige – auch für eine Vergrößerung im nächsten Jahr – in Reserve haben.“ Über Deutschkurse ist man an potenzielle Interessierte herangetreten, zudem hat man nachgefragt, mit welchen Pflanzen in der ehemaligen Heimat bereits Erfahrungen gesammelt wurden. Johanna streicht v.a. den Sozialcharakter des Projektes hervor: „Den Flüchtlingen soll dadurch die Integration in unsere Gesellschaft leichter gemacht werden – es wäre schön, wenn es dabei zu einem gegenseitigen Austausch kommt!“ Die Gärtnerriege ist jedenfalls bunt gemischt: Syrer, Tschetschenen, Pakistani und Österreicher sind schon fleißig am Graben und Pflanzen!
Gemeinschaftsgarten. Auf mittlerweile zwei Jahre Erfahrung kann der explizite „Gemeinschaftsgarten St. Pölten“ zurückblicken. „Die ehemaligen Initiatoren“, erzählt Sabine, „sind damals mit der Bitte an die Stadt herangetreten, auf einem Grundstück im Überschwemmungsgebiet der Traisen einen Gemeinschaftsgarten errichten zu dürfen.“ Die Kommune erteilte die Genehmigung, seitdem bebaut eine wechselnde Gruppe von fünf bis 15 Personen ein etwa 500 m² großes Grundstück hinter der Landessportschule. „Jeder kann jederzeit anpflanzen und ernten, gießen, Unkraut jäten und arbeiten.“ Es wird allerdings darauf Wert gelegt, dass nicht jeder sozusagen sein eigenes Süppchen kocht und einen Garten im Garten schafft, sondern es wird tatsächlich gemeinschaftlich gegärtnert. Der lose Verein setzt dabei auf biologischen Anbau, experimentiert mit Permakultur, einmal im Monat gibt es ein fixes Treffen, gelegentlich auch Workshops mit Gartenprofis.
Sabine ist voll Enthusiasmus mit dabei, „weil mich einfach interessiert hat zu beobachten, wie Pflanzen wachsen, und das in einem frei zugänglichen Garten, ganz ohne fixe Verpflichtung, offizieller Einschreibung oder Ähnlichem.“ Dabei sind der Kreativität und Experimentierfreude kaum Grenzen gesetzt. Franziska etwa probiert verschiedene Maissorten zu ziehen – und das, obwohl sich der im ganzen Traisengebiet rasant ausbreitende Knöterich als ernst zunehmender Störenfried herausgestellt hat, der die Protagonisten sogar mit Umzugsgedanken spielen lässt.
Essbare Innenstadt. Ein aktuelles Projekt ist gerade in der City im Entstehen. Renate Kienzl hatte die Idee, die begrünten Flächen der Innenstadt teilweise mit Essbarem zu bepflanzen – so sollen entlang des Rathausplatzes sowie der Fußgängerzonen künftig Beeren, Kräuter und Salat sprießen. Seitens der Stadt und ihrer Gärtner zeigte man Interesse, als Mitstreiterin fand sich Beate Steiner. Anfang Juni wurde – sozusagen einmal klein – das Projekt begonnen: Im Rathausinnenhof wurde eine Kräuterspirale aufgestellt. Die Materialien werden von Gartenbaufirmen gesponsert, die Arbeiten übernimmt die Stadtgärtnerei. Ernten darf dann jeder – wobei auch ein Rahmenprogramm mit Vorträgen und gemeinsamem Kräuterkochen geplant ist.