MFG - Von der Sehnsucht nach Helden und großen Gefühlen
Von der Sehnsucht nach Helden und großen Gefühlen


MFG - Das Magazin
St. Pöltens gute Seite

Von der Sehnsucht nach Helden und großen Gefühlen

Text Marion Pfeffer
Ausgabe 11/2014

Lagerfeuerromantik, Musik, ein freundschaftliches Getränk und viel Geselligkeit. Die Nostalgie des Mittelalters hat sich bis in die Gegenwart gerettet. MFG sprach mit In Extremo’s Boris Pfeiffer aka Yellow Pfeiffer über echte Werte, Rock und nackte Zugaben.

In Extremo ist bereits seit einiger Zeit erfolgreich im Mittelalter-Rock unterwegs – 20 Jahre jetzt. Was macht die Faszination Mittelalter aus?
Die Faszination hat mit den Gefühlen zu tun, die wir alle wohl damit verbinden. Ob sie nun wirklich stimmen oder nur romantisiert sind, spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle. Freiheit, Wildheit, Mystik, Heidentum. Echte Werte wie die Liebe und die Freundschaft, Treue, Ritterlichkeit und so weiter. Die Sehnsucht nach Helden und großen Gefühlen. Wir leben in einer Zeit, in der wir ganz dringend wieder die wichtigen inneren Werte über die reine Wissenschaftshörigkeit stellen müssen. Wir gehorchen heute nur noch dem „Verstand“ und selbst dabei selten den eigenen Gedanken, sondern sind komplett durch die Mainstream Medien gelenkt und beeinflusst. Viele fühlen sich heute nur noch als Malocher wie der Ochse vor dem Pflug und haben das Gefühl gar nicht mehr richtig zu leben.

Was sind die richtigen Ingredienzien für Mittelalter-Rock?
Micha (Michael Rhein aka Das letzte Einhorn), Py (André Strugala aka Dr. Pyrmonte), Marco (Zorzytzky aka Flex der Biegsame), Kay (Lutter aka Die Lutter), Basti (Sebastian Lange aka Van Lange), Specki (Florian Speckhardt aka Specki T.D.) und ich natürlich (lacht), unsere Mittelalterinstrumente mit ihrem Sound und handgemachte Rockmusik. Und dann natürlich unser Lebensgefühl!

Wie kommt man dazu, die traditionellen Instrumente dieser Zeit zu spielen?
In erster Linie autodidaktisch, man muss ganz viel Zeit mit seinem Instrument verbringen, um es kennen zu lernen und spielen zu lernen. Ein Lehrer ohne fleißigen Schüler bringt ja auch nichts. Ich habe viel Zeit mit meinem Dudelsack im Wald verbracht.

Beim kommenden Mittelalter­spektakel in St. Pölten am 6.12., bei dem wir uns schon auf euren Auftritt freuen, wird darauf gesetzt, das Mittelalter traditionell wieder auferstehen zu lassen, jedoch mit modernen Elementen versehen wie etwa Pyrotechnik, Beleuchtung, etc. Wie steht ihr zum Bogen-Spannen über die Jahrhunderte?
Es gab da mal, so vor ca 20 Jahren, eine Band, die hat mit Sonnenbrillen ihr Intro auf dem Mittelaltermarkt gespielt und der Trommler hatte Pyrotechnik an seiner Davul ... Moment, das waren doch wir! (lacht) Wir kommen sehr gut damit klar, den Bogen zwischen den Jahrhunderten zu spannen. Allerdings sind mir authentisches Handwerk und einfache Marktstände immer noch am liebsten. „Ikeamarktstände“ und elektrische Beleuchtung am Stand macht die Atmosphäre kaputt. Lieber nicht so perfekt und dafür individuell ist meine Meinung!

Was sind eure bevorzugten Themen für Songs und wie entsteht euer Sound?
Von Lebenslust und Leidenschaft. Die Liebe und die Freundschaft sind immer wieder Thema bei uns. Natürlich sind wir uns anfangs nicht immer einig. Das Song-Schreiben ist ein sehr kreativer Prozess mit vielen Möglichkeiten sich zu reiben und zu diskutieren. Es darf sich und bringt sich jeder bei allen Belangen ein und mischt ordentlich mit. Ob es nun um Texte, neue Melodien, alte Melodien oder später um das Tempo eines Songs geht. Also, auch wenn jeder, durch sein Instrument bedingt, natürlich seinen Aufgabenbereich hat, gibt es keine feste Rollenverteilung untereinander. Jeder mischt in allen Bereichen mit und gibt seinen Senf dazu! Kreativ, chaotisch und nicht immer leise könnte man sagen.

Um Dr. Pyrmonte zu zitieren: Euch sitzt der Schalk im Nacken. Was darf das Publikum bei euren Auftritten erwarten?
Wir haben sehr viel Spaß, wenn wir zusammen unterwegs sind, und machen gern Blödsinn. Am Konzert­abend gibt es jede Menge gute Laune und ein zünftiges Rockkonzert natürlich und viele nette Leute vor der Bühne. Wir nehmen uns selber nicht zu ernst und treiben viel Schabernack untereinander. Auf einer Tour haben wir zum Song „Gold“ immer ganz viel Goldflitter ins Publikum geschossen und am letzten Tag der Tour haben unsere Techniker den Flitter, den sie von den Tagen zuvor gesammelt haben, in unsere Klamottenkisten gefüllt. Alles war voll Flitter. Der taucht heute noch an den unmöglichsten Stellen auf und ist einfach nicht weg zu bekommen.

Was war euer schönstes Erlebnis im Zusammenhang mit Mittelalterspektakeln?
Ich weiß nicht, ob es das schönste Erlebnis war, denn davon gab es eine Menge, aber wir haben nach einer Rockshow auf einem Mittelalter Markt die letzte Zugabe nackt gespielt. Wir sind danach direkt von der Bühne runter ins Badehaus und in den Zuber gesprungen. Uns war einfach danach. Das war auf jeden Fall sehr lustig.

Ihr tourt weltweit. Wie unterscheidet sich die Szene und wie kommt euer deutschsprachiger Rock international an?
Auf allen Konzerten die In Extremo je im Ausland gespielt hat, ob nun in Südamerika, China, Russland oder auch Amerika, kann man sagen, dass die Musik und unsere Show auch funktioniert, ohne dass unsere Fans gleich jedes Wort verstehen.
MITTELALTERSPEKTAKEL 2014
Das Highlight im besinnlichen Advent: Das Mittelalterspektakel am 6. Dezember 2014 im VAZ St. Pölten
St. Pölten muss sich nicht mit den faszinierenden Burgen und Ruinen des Mittelalters messen, denn das VAZ holt das Mittelalter in die Jetztzeit und verwandelt seine Hallen in eine Mittelalter-Folk-Rock-Metal-Festung. Folk-Metal mit Stromgitarren sowie spektakuläre Musikgruppen mit Pyrotechnik dürfen dabei ebenso wenig fehlen wie Lagergruppen, Kulinarik und Schaukämpfe. Mittelalterliche Gewandung ist gern gesehen. www.mittelalterspektakel.at