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St. Pöltens gute Seite

Weiter mit weißer Weste

Text Beate Steiner
Ausgabe 09/2017

Manfred Wohlmetzberger, ehemaliger Direktor von NV Immobilien, kehrt als Immobilienunternehmer zurück. Zwischen einer anonymen Anzeige, die den damals medienpräsenten Manager von einem Tag auf den anderen zu einem Geächteten machte, und seiner Rehabilitation liegen zwei Jahre.

„Die Staatsanwaltschaft hat das Ermittlungsverfahren gegen folgende Person eingestellt: Manfred Wohlmetzberger ...“ Es ist noch nicht lang her, dass Sie dieses Schreiben vom Innenministerium bekommen haben. Was war das für ein Gefühl, als Sie nun die Sicherheit hatten, nicht mehr angeklagt zu werden?
Ich war natürlich erleichtert, und ich habe mich riesig gefreut. Darüber, dass dieser Albtraum ein Ende hatte, auch für meine Familie. Aber ich persönlich habe ja gewusst, dass das so kommen muss. Im Grunde war ich immer überzeugt, dass nix passiert und habe immer gesagt, dass sich die Vorwürfe in Luft auflösen werden. Weil ich ja immer stolz darauf war, dass ich kein Geld genommen habe.
Allerdings hat sich im Dezember 2015 ein Gerücht rasend schnell in der Stadt verbreitet: „Der Wohlmetzberger ist suspendiert worden.“ Mit viel Stoff für die Klatschgesellschaft: „Hast schon gehört – der Wohlmetzberger sitzt im Häfen“, „Das hab ich schon immer gewusst, dass an seinem Erfolg was faul ist“, „Das kann ja nicht gut gehen, wenn jemand neben seiner Tätigkeit für die Versicherung auch noch eine eigene Firma hat“. Das und vieles mehr hat damals die Runde gemacht. Was ist wirklich passiert, damals im Dezember 2015?
Das Finanzamt hat bei einer Sub-Firma Unregelmäßigkeiten in der Abrechnung entdeckt. Der Eigentümer dieses Unternehmens hat behauptet, dass das mit Schwarzgeldzahlungen an mich zusammenhängt. Das hat mein Arbeitgeber inoffiziell erfahren und mich umgehend von meinem Job suspendiert. Wer mich sonst noch angeschwärzt hat, weiß ich nicht. Das ist in Österreich leider üblich – wenn du jemanden ruinieren willst, zeigst du ihn an. Es ist dann alles ganz schnell gegangen. Die Staatsanwaltschaft hat meine Büros und mein Privathaus durchsucht, natürlich unangekündigt. Glücklicherweise ist mein 12-jähriger Sohn da schon in der Schule gewesen.

Was hat man Ihnen vorgeworfen?

Man verdächtigte mich der Schwarzgeldannahme und Veruntreuung. Die Staatsanwaltschaft wollte in meinen Unterlagen Listen mit Beweisen finden. Sie haben alle meine Termine kontrolliert. Sie haben hunderttausende Rechnungen verglichen mit Baustellen vor Ort und dabei alle Leute gefragt, ob ihre Wohnungen wirklich renoviert worden sind – unzählige Menschen sind mit den Vorwürfen gegen mich konfrontiert worden. Die Handys von Menschen, mit denen ich kooperiert habe, sind abgehört worden. Und die Staatanwaltschaft hat bei allen österreichischen Banken verdeckt ermittelt, alle meine Konten wurden offengelegt. Parallel dazu hatte ich eine intensive Steuerprüfung vom Finanzamt. Drei Finanzbeamte sind alle meine Häuser abgefahren. Man kann sich nicht vorstellen, wie viele Leute damit beschäftigt waren, Beweismaterial gegen mich zu finden – zwei Jahre lang.

Ihr Arbeitgeber hat Sie zunächst vom Dienst suspendiert, dann entlassen.

Weil durch die Vorwürfe das Vertrauen nicht mehr gegeben war. Da zweifelt man dann schon an allem. Ich war 27 Jahre in der Firma, habe diesen Zweig der Versicherung aufgebaut und ein Haus nach dem anderen entwickelt. Ich war das Gesicht von NV Immobilien. Ich habe auch angeregt, dass in St. Pölten etwas passiert, dass sich die Versicherung hier einbringt. Das hat 2007 begonnen, vor zehn Jahren. Im Nachhinein betrachtet, würde ich solch einen Job als Angestellter nicht mehr machen.
Wie haben Sie diese beiden Jahre erlebt und überlebt, auch finanziell?
Ich war von einem Tag auf den anderen persona non grata. Ich hab zunächst einmal zehn Kilo abgenommen, wollte nicht mehr vor die Haustüre gehen. Weil ich mich ja immer rechtfertigen musste vor meiner Familie, vor meinen Freunden. Mein enger Freundeskreis hat allerdings zu mir gehalten in der Zeit, in der es mir schlecht gegangen ist. Auch meine Geschäftspartner haben mich nicht hängen gelassen, haben mir gute Ratschläge gegeben. Das hat mir schon geholfen. Weil eigentlich war ich richtig ohnmächtig während dieser Zeit. Der Staatsanwalt redet nichts mit dir, nur hie und da mit deinem Anwalt, da vergehen Wochen und Monate, in denen nichts passiert. Und ich bin zu Hause gesessen und hab gewartet und hab mir gedacht, das kann nicht sein.
Ein dreiviertel Jahr war ich wie gelähmt, dann hab ich weitergemacht. Glücklicherweise habe ich ja mit meiner eigenen Firma ein zweites Standbein, weil sonst hätte ich das finanziell nicht überstanden. Und es war nicht einfach. Trotz guter Bonität habe ich von den Banken kein Geld bekommen. Ich musste zwei Häuser verkaufen, um weitermachen zu können.

Warum ist das eigentlich so, dass im Immobilienbereich ganz schnell der Verdacht der Unregelmäßigkeit entsteht? Woher kommt der Ruf?

Na ja, erstens bin ich überzeugt, dass die Immobilienbranche in Österreich besser ist als ihr Ruf und auch besser als in vielen anderen Ländern. Es ist viel getan worden, um den Standard zu verbessern. Wer will, kann eine gute Ausbildung erhalten. Allerdings werkeln auch viele mit schlechter Ausbildung und viele Nicht-Österreicher. Das hängt auch damit zusammen, dass man in der Immobilienbranche relativ einfach und schnell viel Geld verdienen kann. Legal und illegal.
Wie wichtig ist Ihnen denn eine winwin-Situation?
Für einen guten Ruf und für Nachhaltigkeit ist eine winwin-Situation ganz wichtig, eigentlich unumgänglich – du begegnest allen Menschen zwei Mal.
Wie machen Sie jetzt weiter?
Ich habe jetzt eine Hausverwaltung, die mit zwölf zusätzlichen Angestellten von Neulengbach nach St. Pölten übersiedelt ist. Und ich entwickle einige Projekte. Eines in Hietzing mit acht Eigentumswohnungen, das ist bereits im Oktober fertig. Dann eines in Krems mit 25 Eigentumswohnungen und auch eines in St. Pölten in der Wiener Straße 65. Hier entstehen 20 Eigentumswohnungen.

Es ist also nichts zurückgeblieben von den beiden Jahren, in denen das Damoklesschwert der Anklage über Ihnen geschwebt ist?

Doch. Ich weiß jetzt, wer meine Freunde sind, wem ich nicht mehr traue. Ich weiß, dass ich der Cleanste bin. Ich habe eine hundertprozentig weiße Weste, das ist amtlich. Und trotzdem renn ich noch immer durch die Gassen und glaub’, dass ich was erklären muss. Ich bin schon gespannt, wann das vorbei ist.