MFG - Du darfst nicht hinein
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St. Pöltens gute Seite

Du darfst nicht hinein

Text Eva Seidl
Ausgabe 06/2008

Nach erfolgreich absolviertem Eignungstest erhält Ihr Kind eine mündliche Zusage für die Aufnahme an der gewünschten Schule. Ein paar Wochen später folgt schriftlich die Absage. So geschehen am BRG/BORG St. Pölten. Die Hintergründe.

Silvana J. ist aufgebracht. Auch ihre Tochter gehört zu den Kindern, die gerne das BORG in St. Pölten besucht hätten. Nun soll in Tullnerbach ein neuer Schulstandort entstehen, so genannte „dislozierte Klassen“. Aufgrund des Wohnortes werden nun die Kinder aus Böheimkirchen, obwohl am BORG St. Pölten angemeldet, nach Tullnerbach geschickt.
«Es ist schade, dass der Start in eine neue Schule für ein Kind mit so einem negativen Beigeschmack erfolgt», erklärt Silvana J. Nach dem erfolgreich absolvierten musikalischen Eignungstest hatte BORG-Direktor Hans Angerer im Gespräch mit den Eltern eine mündliche Zusage erteilt. «Er hat meiner Tochter gesagt, dass sie gerne genommen wird und er sich sehr auf sie freut», erklärt Silvana J.

FEHLER IM SYSTEM
Eine verhängnisvolle Zusage, die niemals gemacht werden hätte dürfen. Verantwortlich sowohl für die Entscheidung für den neuen Schulstandort als auch für die Wohnorteregelung, die darüber entscheidet, welche Kinder ans BORG kommen, ist der Landesschulrat für Niederösterreich. AHS-Schulinspektor Rainer Ristl erklärt: «Es ist niemals fix, dass alle, die sich angemeldet haben, auch die Schule besuchen können, die sie wollen. Natürlich wäre es mir am liebsten, wenn ich alle Kinder dort unterbringen könnte, wo sie hinwollen. Aber noch vor ein paar Jahren mussten die Kinder, für die im Gymnasium kein Platz war, in die Hauptschule gehen. Da ist die Situation heute viel besser.»
Das ist jedoch ein schwacher Trost für die abgewiesenen Kinder, die sich bereits auf das BORG und das dortige umfangreiche musikalische Angebot gefreut haben. Eine Musikklasse soll es auch in Tullnerbach geben (neben drei Informatikklassen). Dies stellt die betroffenen Eltern jedoch nicht zufrieden: «Angebote wie Chor und Orchester werden in Tullnerbach bestimmt nicht stattfinden können», vermutet Silvana J. Rainer Ristl beruhigt, aber muss die Befürchtungen auch teilweise bestätigen: «Es wird die Qualität sicher nicht schlechter werden. Natürlich werden wir aufgrund der fehlenden Altersbandbreite keine Musicalaufführungen wie am BORG machen können.» Eine Musicalaufführung würde nicht von Erstklässlern getragen, es werde aber ein adaptiertes Musikprogramm geben.

ZU SPÄT?
Auf Anfrage bestätigt auch Direktor Angerer vom BORG: «Schriftliche Mitteilungen über Zusage und Absage durften sämtliche Schulen laut Weisung des Landesschulrates erst Anfang Mai ausschicken. Vorher wurden auch von unserer Schule keine definitiven Zusagen ausgesandt.» Er sei sich des Problems bewusst, dass der späte Zeitpunkt der Entscheidung, «auf den ich keinen Einfluss habe», eine unangenehme Situation verursacht habe. Erst Ende April wurden er und Direktorin Ille (Gymnasium Purkersdorf), die auch die Leitung der dislozierten Klassen in Tullnerbach übernehmen wird, vom Landesschulrat über die Entscheidung informiert.
Auch St. Pöltens Bürgermeister Matthias Stadler (SPÖ) verweist auf den Landesschulrat als erste Instanz. «Für die betroffenen SchülerInnen und das BORG St. Pölten hätte ich mir lieber eine Nutzung der derzeit leer stehenden Flächen in der ehemaligen NÖGKK-Zentrale gegenüber gewünscht», erklärt Stadler. Die Situation sei im BORG überraschend akut, die Verhandlungen mit Bundesministerin Schmied im Laufen. Für das BORG für LeistungssportlerInnen gibt es nun endlich eine Zusage. Auch Landesschulinspektor Ristl verweist auf die «Versäumnisse des Ministeriums, das nicht genügend finanzielle Mittel für Schulumbauten zur Verfügung stellt».

MEHR GELD
Dem widerspricht Nikolaus Pelinka, Pressesprecher von Unterrichtsministerin Claudia Schmied: «Wir arbeiten an einem Schulpaket, das eine Milliarde Euro in Schulinfrastruktur investieren soll.» Derzeit werde mit den Bundesländern verhandelt, bis Herbst erwartet man eine Entscheidung, mit der Umsetzung werde Anfang 2009 begonnen.
Der Trend gehe in Richtung der Gymnasien, erklärt Pelinka: «Die Eltern wollen höhere Bildung für ihre Kinder, sie wollen ihre Kinder zur Matura und zur Universität führen.» Daher seien auch die Pläne in Richtung der neuen Mittelschule so wichtig: «Diese Schülerströme, die wir momentan in zwei verschiedene Schultypen regeln müssen, sind unkalkulierbar.» Man könne viel besser planen, wenn es die frühe Trennung in Schultypen nicht gäbe.
Die unangenehme Situation beurteilt er ähnlich wie der Landesschulrat: «Die jetzige Lösung ist sicher nicht ideal. Leider kann man nie garantieren, dass für jedes Kind Platz ist.» Aus seiner Sicht versuche der Landesschulrat, das Bestmögliche herauszuholen. Der Landesschulrat führt bereits Gespräche mit dem VOR, um den Transport nach Tullnerbach für die Kinder sicherzustellen. «Natürlich ist die Situation sehr unangenehm für die betroffenen Eltern, es hätten keine Zusagen gemacht werden dürfen!»
Silvana J. ist jedenfalls frustiert, zudem ist sie über den Umgang und Stil der involvierten Stellen verärgert: «Die Kinder sind sehr enttäuscht worden, und es ist keinerlei Entschuldigung gekommen, weder vom Landesschulrat noch von Direktor Angerer. Ich finde es sehr traurig, dass es so wenig um die Kinder geht.»