MFG - Rasende Cousins
Rasende Cousins


MFG - Das Magazin
St. Pöltens gute Seite

Rasende Cousins

Text Thomas Schöpf
Ausgabe 02/2008

Der St. Pöltner Bernhard Haider fährt keine Motorrad-Rennen mehr, hat seine Maschine unlängst verkauft. Dafür sitzt er jetzt am Beifahrersitz von Cousin Matthias Knar. Die beiden haben sich ihren gemeinsamen Traum erfüllt und düsen mit einem 17 Jahre alten Boliden, einem Toyota Celica „Carlos Sainz Edition“ durch die Gegend.

Andere haben’s leicht mir ihren Hobbys, züchten Tauben, sammeln Briefmarken oder gehen Schwimmen. So etwas ist weder extrem kostspielig noch großartig gefährlich. Matthias Knar (23 Jahre) und sein Cousin Bernhard Haider (22) jedoch sind bekennende Raser. „Ich fahr gern mit einem Allrad-Geschoss mit 180km/h im Wald herum. Am liebsten auf Schotter“, sagt Knar.
Sein Papa trägt daran die Hauptschuld. Der fuhr in den 70er-Jahren bei diversen Rallyes als Beifahrer mit und besuchte nachher viele Rennen mit seinem Sohn. Der Junior infizierte sich rasch. Die Mitschriften vom Papa wurden zur Lieblingslektüre: „Seinen Schrieb habe ich fast auswendig gekannt. Die Schulsachen habe ich mir nicht merken können.“ Schuld ist aber auch das gesamte Umfeld: Die Knars leben in Ramsau, der Heimatgemeinde von Legende Franz Wittmann. Dort dreht sich fast alles ums Rallye-Fahren. Überdies ist Franz Wittmann Junior ein guter Freund und versorgt die beiden mit wertvollen Tipps.
Sponsoren haben sie noch keine. Deshalb mussten sich der Verpackungstechniker Knar (Rieder Kistenproduktion) und der Monteur Haider (Brucha Kühlhaus und Hallenbau) lange in Geduld üben und sparen, sparen, sparen. Letztes Jahr war es aber so weit. Das Duo feierte sein heiß ersehntes Debüt bei der Mühlviertel-Rallye in Perg. Mit einem um 2.000 Euro geliehenen Toyota Celica „Carlos Sainz Edition“ mit 280 PS (Bj. 1991) belegten Knar/Haider unter 99 Startern Rang 64. Zwischenzeitlich lagen die beiden sogar auf Rang acht ihrer Gruppe (H13), aber auf der dritten Sonderprüfung hat Knar eine Linkskurve unterschätzt: „Es war viel Split auf der Fahrbahn und ich zu schnell dran. Hundert Prozent mein Fehler.“ Beim Ausflug ins Kukuruz-Feld ging der rechte Vorderreifen kaputt und viel Zeit drauf. Und einmal hatte er auch noch ein Blackout vor dem Start. „Beim Runterzählen von fünf auf eins war auf einmal der komplette Kurs aus meinem Gedächtnis verschwunden, wie wenn eine Festplatte gelöscht wird.“ Doch für was hat man schließlich die Aufzeichnungen vom Beifahrer. „Rechts denkt, links lenkt“, kennt Haider die Aufgabenverteilung.
Heuer wollen die Rennfahrer gleich vier Läufe der Austrian-Rallye-Challenge bestreiten. Kostenpunkt: 5.000 bis 8.000 Euro. „Wenn nichts schief geht.“ Ziele stecken sie sich realistische. „Wir wollen uns im Mittelfeld festsetzen, vielleicht in einigen Jahren bei den Österreichischen Meisterschafen mitfahren“, so Knar. Für ihn gelte es zunächst das richtige Bremsverhalten herauszufinden. Haider möchte seinen Schrieb perfektionieren, „künftig kürzere, aber exakte Kommandos geben.“ Er ist auch für organisatorische Dinge (Nennungen, Stempeln bei den Service-Punkten, Routenplanung zwischen den Sonderprüfungen, etc.) zuständig, hat eigentlich die ganze Arbeit am Hals. „Aber das macht nichts. „Hauptsache ich kann mitfahren, und als Beifahrer kriege ich auch alles ganz genau mit.“
Dass sich die Raserei nie rentieren wird, wissen die Burschen. „Schön wäre, wenn wir irgendwann die Hälfte mit Sponsoren abdecken können.“ Dann war vielleicht auch mal ein Urlaub drin.