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MFG - Das Magazin
St. Pöltens gute Seite

Im Keller

Text Mathias Kirner
Ausgabe 02/2007

Wo dereinst Spielwaren und Elektronik verkauft wurden, gähnt heute Leere. Die Passage in der St. Pöltener Innenstadt, zentral situiert zwischen Kremsergasse, Domgasse und Wienerstraße, erbaut in den 1970ern, ist weit davon entfernt, Käuferscharen anzulocken. Stattdessen sorgte im vergangenen Jahr die Meldung über einen Spritzenfund für Aufregung und manch Dame meint: „Am Abend trau ich mich da nicht allein hinein.“

Um sämtlichen „boulevardesken“ Fantasien einen Riegel vorzuschieben: Der Spritzenfund blieb laut Polizei eine einmalige Angelegenheit. Ebenso wüsste Mag. Georg Edlauer, seines Zeichens Verwalter der Immobilie und – nachdem seine Kanzlei im Büroturm der Passage situiert ist – auch Anrainer etwas von einer Drogenszene in der Passage.
Doch eines nach dem anderen: Grundsätzlich gilt es, zwischen dem Büroturm und den Geschäftslokalen der Passage zu unterscheiden. Während der Büroturm „sehr wohl bewirtschaftet ist“, wie Edlauer verweist, sind die Probleme mit den Geschäftslokalen augenscheinlich: An der Peripherie des Einkaufstunnels gibt es zwar welche (etwa das Seven, den Art Shop oder das Friseurstudio Haar Virus), im Inneren der Passage stehen die Verkaufsflächen aber leer. Der Eigentümer der Geschäftsräumlichkeiten, UNIQA, spricht von einer Gesamtfläche der recht schmal geratenen Geschäftsräumlichkeiten von rund 2.000 Quadratmetern, den Marktwert schätzt Ernst Kirisits von der UNIQA Immobillien Service GmbH auf  rund neun Millionen Euro.
Ein T im Stil der 70er
Für Edlauer liegen die Gründe, warum  niemand mehr in dem Durchgang mitten in der Stadt einkaufen möchte, auf der Hand „Funktional ist die Passage zu sehr in der Bauweise der 70er-Jahre verhaftet.“ Die Fläche erinnere an ein T, der Nachteil der schmalen Geschäftslokale sollte dadurch ausgeglichen werden, dass man über zwei Ebenen baute. Das Resultat sei ein unübersichtliches Areal. „Der Konsument will heute den Mittelpunkt sehen.“ In der Passage sehe man diesen ebenso wenig wie die Ausgänge, wenn man mitten drin steht. Ähnlich formuliert es Kirisits, wenn er von „nicht mehr zeitgemäßer Planung und Erschließungsstruktur der Geschäftsflächen“ spricht. Laut UNIQA komme aber allgemein noch eine „zurückgehende Passanten- und Kundenfrequenz im innerstädtischen Kernbereich“ hinzu.
Ein Schmankerlmarkt mit Glaskuppel
Was soll also mit der Passage geschehen? Rathaus-Pressesprecher Peter Bylica erinnert sich an Visionen vor ein paar Jahren, die unter anderem eine Glaskuppel vorsahen, ein Restaurant und Stehbeisl enthielten sowie eine Revitalisierung der ansässigen Sauna vorsahen. „Leider ist es um diese Projekte wieder still geworden“, meint er und betont, dass die Stadt in dieser Angelegenheit wenig Einfluss üben könne. „Das Gebäude ist im Privatbesitz. Wir als Stadt tun viel für die Innenstadt, aufgerufen und aufgefordert zur aktiven Beteiligung sind aber auch die Privaten, in deren Besitz sich die meisten Häuser finden. Edlauer hingegen verweist darauf, dass es „viele Überlegungen, eine Fülle von Konzepten gibt. Bei einer Gesamtverwertung ist aber jedenfalls mit erheblichen baulichen Veränderungen zu rechnen.“ So wäre sogar angedacht worden, einen neuen Ausgang zur Kremser Gasse zu schaffen.  Ebenso seien „Themenvermietungen“, beispielsweise ein Schmankerlmarkt, denkbar.  Fest stehe, dass bei einer Neukonzeption Geschäftsflächen zugunsten von öffentlichen Flächen – etwa in Form eines Atriums – zurückgedrängt würden. Die letzte Entscheidung treffe der Besitzer. Kirisits gibt sodenn auch eine Perspektive. „Eine bauliche Neustrukturierung der Passage- und Geschäftsflächen ist geplant, eine Entscheidung wird für Ende 2007/Anfang 2008 angepeilt.“ Auf Konkreteres will sich die UNIQA freilich nicht festnageln lassen.
Und in der Zwischenzeit?
Nicht alle sehen die Sache so vordringlich. So meint etwa Matthias Weiländer, Geschäftsführer der Stadtentwicklungs GmbH „Die City-Passage war schon Thema. Prinzipiell ist es aber für die Entwicklung der Stadt nicht so tragisch, wenn nicht sofort eine Nutzung gefunden wird.“ Freilich räumt auch er ein, dass es „optisch sicher negativ ist, weil man sieht, dass Geschäftsflächen leer stehen. Dennoch ist es nicht so schlimm, wie vielfach behauptet. Wir haben eine Begehung gemacht, da war alles sauber, die leer stehenden Flächen waren okay und auch die Polizei spricht von wenigen Problemen.“ Laut Edlauer würden die Wände „alle Monate neu gestrichen“, im übrigen um vor allem Graffitis zu übermalen, einmal täglich würde der Reinigungsdienst tätig und dreimal am Tag patrouilliere  ein privater Wachdienst. Dieser kann aber leider auch nicht verhindern, dass einem in manchen Winkeln stechender Uringeruch in die Nase steigt. Ein beliebtes Platzerl für Hunde? „Das kommt leider nicht von Hunden“, entgegnet Edlauer. „Da muss man sich schon fragen, was das für ein Typ Mensch ist.“
Kreative Zwischennutzungen
Bis eine Entscheidung über die Verwendung der Passage gefallen ist, stehe man „allen kreativen Gedanken gegenüber offen“, auch für Zwischennutzungen, so lange sie „qualitativ hochwertig“ sind, so Edlauer. Weiländer spricht den Besitzern diesbezüglich das Engagement nicht ab. „Sie bemühen sich, provisorisch Künstlern und Sozialprojekten billige Flächen zur Verfügung zu stellen. Dauerlösung ist das freilich keine.“
Ob und wann sich die unerfreuliche Situation ändern wird, erfahren wir wohl erst in einem Jahr. Bis dahin gilt es, die Theorie von Weiländer zu überprüfen „Ich glaub, es spielt der psychologische Effekt eine größere Rolle als der tatsächliche: Es ist nun mal – und das ist wahrscheinlich das Hauptproblem – eine Kellersituation, und die wirkt immer entrisch. Würde man bei den Eingängen nicht hineinsehen, dann wäre die Situation wie jene bei anderen Kellern der Stadt – man würde sie nicht sehen.“ Vielleicht wäre das ja nach dem Motto „aus den Augen, aus den Sinn“ gar nicht so eine dumme Übergangslösung, denn letztlich ist die derzeitige Situation, wie auch Weiländer meint, „kein Renomee!“