MFG - STP macht mobil
STP macht mobil


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St. Pöltens gute Seite

STP macht mobil

Text Sascha Harold
Ausgabe 09/2014

Im Frühjahr präsentierte die Stadt das neue Generalverkehrskonzept, die Vorgängerversion aus dem Jahre 1989 ist damit obsolet. MFG fragte nach, welche konkreten Projekte derzeit geplant sind und was für die Verkehrspolitik der Stadt zu erwarten ist.

Im März ließ das Rathaus per Pressemeldung verlauten, dass die Planungen für ein neues Verkehrskonzept abgeschlossen seien. Die Vorbereitungen dauerten etwas mehr als ein Jahr und bezogen auch die Bürger mit ein. 1.500 Bewohner brachten per Fragebogen ihr Mobilitätsverhalten zu Papier und lieferten eine der Grundlagen, auf denen das neue Konzept fußt. Das Wiener Verkehrsplanungsbüro Rosinak und Partner zeichnet sich für den Großteil des Entwurfes verantwortlich. Die Zusammenarbeit passierte auf Stadtebene hauptsächlich mit den zuständigen Beamten, während die Gemeinderäte in regelmäßigen Abständen von den Fortschritten informiert wurden. Das erklärt möglicherweise auch die, mit Ausnahme der Grünen, vergleichsweise milden bis wohlwollenden Reaktionen der Oppositionsparteien. Vizebürgermeister Matthias Adl (ÖVP) findet vor allem an der Bürgerbeteiligung Gefallen und sieht im Verkehrskonzept „viele Denkanstöße und Forderungen, die zu begrüßen sind.“ Ein konstruktives Miteinander aller Verkehrsteilnehmer vom Rad über Öffis hin zum Auto, wo es notwendig ist, sieht Adl als entscheidend. Auch Klaus Otzelberger (FPÖ) betont die Wichtigkeit des neuen Konzeptes und geht mit den meisten Maßnahmen d’accord. „Besonders wichtig ist jetzt, dass das angedachte Verkehrskonzept so schnell wie möglich realisiert wird“, so der blaue Gemeinderat weiter. Doch welche Maßnahmen sind das konkret?

Schwerpunktsetzung
Die generelle Stoßrichtung des Konzeptes ist klar: Der „grüne“ Verkehr, also Rad- & Fußwege sowie öffentlicher Verkehr, soll gestärkt werden, während versucht wird, den Individualverkehr zu minimieren. Gegliedert ist das Konzept dabei in die fünf Schwerpunkte Straßenbau, öffentlicher Verkehr, Radverkehr, öffentlicher Raum und ruhender Verkehr.
Eine der Maßnahmen, die vor allem letztgenannten Punkt betrifft, ist die Parkraumbewirtschaftung. Sie soll generell ausgedehnt werden und damit die angespannte Parkplatzsituation vor allem in der Innenstadt entlasten. Auch bekannte Forderungen, wie jene nach einem autofreien Domplatz, finden sich im Konzept wieder.
Oliver Wurz vom zuständigen Planungsbüro möchte den Entwurf allerdings nicht missverstanden wissen: „Mir ist es lieber von einem Konzept als von einer Planung zu sprechen. Es geht um lange Zeiträume und Richtungsvorgaben, weniger um konkrete Maßnahmen, auch wenn sie natürlich eine Rolle spielen.“ Bewusst wurden deshalb im Konzept Zeitpläne und genaue Umsetzungsstrategien weggelassen, auch im Rathaus ist man generell vorsichtig mit öffentlich angekündigten Zeitplänen, zu komplex und vielschichtig seien viele der Projekte, heißt es dort. Die Schwerpunktsetzung lässt erahnen, dass das Konzept nicht nur eine bessere Verkehrssteuerung zum Ziel hat, sondern auch den öffentlichen Raum mit einschließt. Damit im Zusammenhang wurde das Stadtgebiet in sogenannte „Lebens­achsen“ unterteilt, die durch verschiedene Maßnahmen aufgewertet und neu gestaltet werden sollen. Das Verkehrskonzept verfolgt damit einen ganzheitlichen Ansatz, was auch Gregor Gradnitzer von der Stadtplanung als wesentliche Neuerung sieht: „Das neue Generalverkehrskonzept sieht sich, noch stärker als die bisherigen Verkehrskonzepte, als Fachbereichskonzept eines größeren Ganzen, nämlich dem neuen Stadtentwicklungskonzept St. Pöltens.“ Neben den konkreten Projekten werden auch laufend zu evaluierende Strukturen, wie die Radwege oder Busfahrpläne, als Priorität vorgegeben. Durch diesen prozesshaften Charakter soll auf Unwägbarkeiten, mit denen in einem Zeitraum von 15-20 Jahren definitiv zu rechnen ist, besser reagiert werden können.

Konkrete Projekte
Im Moment ist erst in Ansätzen abzuschätzen, wann und durch welche Maßnahmen sich die einzelnen Schwerpunkte und Ideen umsetzen lassen werden. Zumindest mit der Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung scheint eine Maßnahme aus dem Konzept relativ schnell und einfach machbar. Andere Projekte wie die Verbindung von Nord- und Südteil der Stadt sind ebenfalls Thema, der Baustart zur Kerntangente Nord soll beispielsweise im nächsten Jahr erfolgen und weitere Verkehrsentlastung bringen. Die Planungen befinden sich dahingehend in der Endphase. An diesem Punkt haken allerdings die Grünen ein. Gemeinderätin Nicole Buschenreiter (Grüne) sieht eine grundsätzliche Unvereinbarkeit zwischen der propagierten Förderung des „grünen“ Verkehrs einerseits und Projekten wie der Nordtangente, der S34 oder der Park and Ride Anlage andererseits. „Solange die Stadtregierung sich derart gegen ein tatsächliches Umdenken sperrt und uns mit ‚Alibiprojekten‘ abspeist, wird das Bedürfnis nach unabhängiger Mobilität der Bevölkerung nicht gestillt werden“, so Buschenreiter. Tatsächlich findet sich im Verkehrskonzept die Anmerkung, dass neue Straßenprojekte nur dann durchzuführen sind, wenn es der spürbaren Entlastung im Sinne des Anrainerschutzes zuträglich ist. Ob die Nordtangente, die von sämtlichen anderen Parteien gefordert und unterstützt wird, diese Entlastung bringt, wird sich zeigen.
In punkto öffentlicher Verkehr sollen v.a. auch die umliegenden Gemeinden mit einbezogen werden. „Unter anderem wird derzeit an einer Verbesserung des Personennahverkehrs auf Schiene, v. a. der Traisentalbahn gearbeitet“, berichtet Stadtplaner Jens de Buck. Mit der nächsten Fahrplanänderung habe die ÖBB hier bereits Verbesserungen angekündigt. Mittelfristiges Ziel ist die bessere Frequentierung von Traisentalbahn und der Kremser Bahnstrecke im Halbstundentakt - hier braucht es klarerweise Verhandlungen mit den österreichischen Bundesbahnen.
Das neue Generalverkehrskonzept ist jedenfalls nicht als Einzelprojekt zu sehen, sondern als eine langfristige Orientierung für die Verkehrspolitik der Landeshauptstadt. Ankommen wird es auf die entsprechende Umsetzung der Zielvorgaben, über die zum jetzigen Zeitpunkt freilich nur in den Anfängen berichtet werden kann. Interview OTFRIED KNOLL: "Alternative Straßenbahn?" Jüngst hat DI Otfried Knoll, FH-Studiengangsleiter für Eisenbahn-Infrastrukturtechnik, die Tram in Gmunden gerettet. Und eine Bim für St. Pölten? Was macht den Reiz einer Straßenbahn aus? Welche Vorteile hat sie gegenüber dem Bus?
Eine Straßenbahn bietet ganz einfach einen höheren Fahrkomfort, sie fährt auf Schienen, weshalb es keine unangenehmen Vertikal- und Querbeschleunigungen gibt. Eine Straßenbahn ist außerdem schmäler als Busse, trotzdem bietet sie mehr Fassungsraum. Also: Sie läuft ruhiger, braucht weniger Platz, weniger Energie und fährt elektrisch – ohne Abgase.

Aber sie fährt schon lange nicht mehr in St. Pölten. Zu einer Zeit, als in der Landeshauptstadt noch kein moderner Lup-Bus kurvte, haben Sie mit einem sympathischen Verkehrs-Projekt Aufsehen erregt: Sie wollten die Straßenbahn hier wieder aus der Remise holen.
Ja, damals, 2004, habe ich mit der Idee einer City-Tram für St. Pölten den ersten Preis beim Wettbewerb „City lebt“ gemacht. Unter dem Motto „Legt Schienen zwischen Stadt und Land“ sollten die beiden Stadtentwicklungspole, nämlich die Innenstadt und der Kulturbezirk, auf sympathische Weise miteinander verbunden werden. Das wäre auch ein sinnvolles Alleinstellungsmerkmal für St. Pölten gewesen, die Stadt hätte neue Identität gewinnen können. Wie zum Beispiel in Istanbul – da fährt auch eine alte Bahn neue Wege und ist immer bis auf den letzten Platz voll.

Heute steht die St. Pöltner Tram im Straßenbahnmuseum in Mariazell. Könnte sie wieder einen Platz in ihrer alten Heimat bekommen? Macht eine Straßenbahn als Öffi in St. Pölten auch 2014 Sinn?
Die alte Straßenbahn hatte eine andere Aufgabe. Sie war eine Güterbahn, die die Firmen Glanzstoff, Salzer und Harlander versorgt hat. Der Personenverkehr war dabei damals nur ein „Add-on“. Jetzt geht es im Generalverkehrskonzept um Alltagsverkehr. Und weil moderne Straßenbahnen ein Verkehrsmittel für dichte urbane Räume sind, wäre ein Reaktivieren der Straßenbahn in ihrer alten Form nicht vernünftig. St. Pölten hat zur Zeit die notwendige Dichte nicht – könnte sie aber bekommen.

St. Pölten ist also straßenbahntauglich, wenn es zur Großstadt wächst?
Wenn die Stadt die notwendige Dichte erreicht, z. B. in der Nord-Süd-Achse, macht es Sinn, über eine Straßenbahnverbindung zwischen dem Bahnhof, der Fachhochschule und dem Traisenpark nachzudenken. Und wenn uns die Stadt als Fachhochschule dann beauftragt, solch eine Verbindung zu planen, machen wir das natürlich.