MFG - In was für einer Stadt leben wir eigentlich...
In was für einer Stadt leben wir eigentlich...


MFG - Das Magazin
St. Pöltens gute Seite

In was für einer Stadt leben wir eigentlich...

Text Johannes Reichl
Ausgabe 09/2016
… in der so mancher ein Schnoferl zog, als Bestseller-Autorin Vea Kaiser im Vorjahr in ihrem Roman „Makarionissi“ von „rosabäckigen, dicklichen und oft miserabel gekleideten St. Pöltnern, die aussahen, als wären sie gerade erst aus dem Stalldienst entlassen worden“ schrieb. Den literarisch-fiktiven Kontext ignorierte man wehleidig, ebenso Kaisers Beteuerung, dass sie die Stadt, wo sie zur Schule gegangen ist, eh lieb hat. Das bewies sie zuletzt auch in ihrer freizeit-KURIER-Kolumne anlässlich 30 Jahre Landeshauptstadt: „30 ist das neue 20, also müssen deine Bürgersteige nicht mehr um 18:00 schlafen gehen, Du darfst sogar mit Fremden sprechen, wenn die wilden Partypoeple aus ganz Europa zu den Festivals strömen. Den Pubertätswimmerln entronnen, bist Du eine strahlende Schönheit geworden und jetzt, wo Du das Flirten gelernt hast, ziehen sogar lässige Menschen von überall her in Deine Hood! Du bist die Generation Y der Landeshauptstädte, Du bist das neue Hipster-Town von Österreich. Und wer’s nicht glaubt, der möge St.P nicht nur passieren, sondern anhalten und sich bei Craft Beer oder Matcha Tee davon überzeugen, wie lässig St. Pölten erwachsen wird.“ Das nennen wir mal Glückwünsche!
… in der Besucher des Rathausplatzes beim Blick auf die Dreifaltigkeitssäule zuletzt rätselten, was es denn mit dem „Mann mit dem Hut“ auf sich hat, prangte doch am Kopf des Heiligen Sebastian ein Verkehrshütchen.  
War das etwa ein Ersatz für den nicht mehr vorhandenen goldenen Pfeil, den er ehemals in Händen hielt? Ein Regenschutz? Oder doch eher nur ein „Vandalenakt“, der aber originell und ohne Sachbeschädigung daherkam.
Weniger lustig waren dahingegen die Schmierereien auf den Schaufenstern des FORUM Einkaufszentrums, auf denen „ÖSTERREICH - FUCK YUO“ prangte. Da fühlte man sich sogleich an Monthy Pythons „Leben des Brian“ erinnert und hätte die offenbar dämlichen Missetäter gern am Ohr gepackt und mit ihnen die Rechtschreibung von „you“ geübt.
Kreativ sind aber – zum Glück – nicht nur die Vandalen, sondern auch die Gewerbetreibenden. So wirbt aktuell etwa die Gärtnerei Müller in der Wiener Straße auf einem Großplakat: „Schenken Sie Ihrer Frau wieder einmal Blumen, bevor es ein ANDERER tut!“ Wobei ... vielleicht war das ja gar nicht als Scherz gemeint, liebe Männer, sondern als ernstgemeinte Warnung ...
… in der in einem NÖN Kreuzworträtsel als Auflösung auf die Frage „Wahrzeichen von St. Pölten“ doch glatt „Klangturm“ angegeben wurde. SKANDAL! Da klingelte rasch das Telefon in der Redaktion, denn natürlich ist das Wahrzeichen von St. Pölten … ja, was eigentlich? Offiziell das Rathaus, nur wussten das – wie eine NÖN Redakteurin in Blitzumfrage recherchierte – genau 0 der befragten Stadtbürger, wobei auch der Klangturm nicht viel besser abschnitt. Die meisten, älteren, Semester tippten auf den in der Volksschule eingebläuten Passauer Wolf (um dessen Wiederbelebung sich anscheinend nur mehr die SKN Wolfbrigade annimmt). Vielleicht sollte man aber überhaupt über ein neues Wahrzeichen nachdenken – wie wärs etwa mit Schussstiefeln von  Stürmerlegende Franz „Bimbo“ Binder, der Originalpatitur von Lolitas Schlagerhit „Seemann“ oder dem ersten Schwammerl, das Hugo Portisch gepflückt hat? Aktueller würden sich etwa auch ein Dixie Klo als Symbol für das Frequency Festival oder ein Rasenziegel vom Sonnenpark anbieten. Oder aber, man verständigt sich gleich auf etwas Ideelles – diesbezüglich plädieren wir für Michi Steiners „Spirit St. Pölten“! Der sollte alle erfassen!