MFG - Hausmeisterlich fit für die Großstadt
Hausmeisterlich fit für die Großstadt


MFG - Das Magazin
St. Pöltens gute Seite

Hausmeisterlich fit für die Großstadt

Text Michael Müllner
Ausgabe 09/2008

Dass viele hierzulande Tom Snow nicht kennen ist verständlich. Okay ist es nicht. Ein Portrait von Österreichs wohl bekanntestem House-DJ, der viel über St. Pölten zu sagen hat.

Mit 10 Jahren kaufte sich der heute 30-jährige Thomas Schneeberger das erste Vinyl – beim Hartlauer in der Innenstadt. Von Depeche Mode und Kraftwerk lässt er sich inspirieren, vom Musiklehrer in die legendäre „Fabrik“ entführen und Fuzy aka DJ Little John bringt ihm daheim mixen bei. „Die Klubszene damals war zum Kotzen, ich denke da an die ‚Schülerdisco‘ Löwenkeller.“ Zum ersten Auflege-Job fährt Tom mit Fahrrad – und zwar ins Megafun. Es folgen regelmäßige Verpflichtungen im Glasnost oder Löwenkeller. Tom Snow: „Damals stellte das Lokal dem DJ die Musik. Ich hatte erstmals eigenes Material dabei, etwas völlig Neues. Dabei kam mir zu gute, dass ich Elektriker gelernt hatte und in Wien gearbeitet habe. Nach der Arbeit standen mir also auch die Wiener Plattenläden offen.“ In den bescheidenen St. Pöltner DJ-Kanzeln erlernte Tom Snow das DJ-Handwerk: „Ich hab gelernt mit den Leuten umzugehen. Wenn du in St. Pölten den Dancefloor füllst, dann bist du fit für die Großstadt.“

Der DJ vom Land
Das heutige La Boom hieß in den späten 90ern mal kurz Colosseum, dort machten Wiener Gastronomen auf House und sperrten bald wieder zu. Mit nach Wien nahmen sie aber Tom Snow, der sich mit der Zeit immer mehr von St. Pölten distanzierte und bald in Wien lebte – vom Auflegen als Resident DJ, wohlgemerkt. Nach drei Jahren harter Arbeit („als DJ vom Land hast du es in Wien nicht leicht“) entstand etwa 2001 die enge Partnerschaft mit DJ Ronaldo, der die Türen zum Volksgarten öffnete. Tom Snow: „Für mich einer der schönsten, sensationellsten Clubs im Land!“ Bis heute findet dort der monatliche „Garden Club“ statt, ohne Tom Snow nicht denkbar. Mit den Jahren öffneten sich immer mehr Veranstalter und Locations für den House-DJ, mittlerweile zählen auch Highlights wie der Life Ball oder das Donauinselfest auf seine Künste, bei letzterem unterhält er 15.000 Besucher (und unter anderem Bob Sinclair) auf der MTV-Music-Stage. Er entwickelt sich zu DEM Support-DJ Österreichs und heizt für Roger Sanchez, Pete Tong, Tiesto, Armand Van Helden, David Morales, Sven Väth, Carl Cox und etlichen anderen die Stimmung an.

Vom Spirit der Lagerhalle
2004 gründete Tom Snow das Projekt „Vienna Calling“ und vereint damit alles, was man für eine anständige House-Party braucht. Österreichweit zeigen sich Veranstalter interessiert, nur ein Dorf blieb unbespielt: St. Pölten. Tom Snow: „Es mangelt hier an Veranstaltern, die Spirit haben und neue Wege gehen. Darum freue ich mich so über den Cottage Club. Ich bin überzeugt, dass der Plan aufgeht, wenn man mit Qualität und Stil rangeht. Dafür scheint auch das Warehouse die ideale Location, das beste was St. Pölten passieren kann.“ Tom Snow wird jedenfalls mit seiner „international massentauglichen elektronischen Musik“, bei der er mehrere House-Stile in seinem Set mixt, beim Cottage Club dabei sein.
Warum setzt er kaum einen Fuß in etablierte Locations wie die (Ex-)Nachtschicht oder das immer bestens besuchte LaBoom? Tom: „Weil sich da die ganz Dummen wohlfühlen. Da geht’s zuerst um Weiber, dann ums Saufen und dann ums Schlägern. Bei 50-Cent-Partys und Gratis-Saufen kann Musik doch nur letztrangig sein!“ 

Jobs, die nicht stinken!
Wie sieht er generell die Entwicklung von St. Pölten? „Ich sehe mich heute als Wiener, verleugne aber nicht, dass ich aus St. Pölten komme. Meine Mutter und einige Freunde besuche ich regelmäßig, ich hab noch einen Bezug zur Stadt. Man kann hier gut leben. Es gibt genug Seen und Einkaufszentren, man ist in fünf Minuten überall. Aber wenn man von der Linzerstraße in die Wienerstraße geht, dann sieht das Problem: Die Innenstadt stirbt. Vielleicht wird zu wenig für die Jugend geboten? Die wünscht sich vielleicht eine Stärkung der Club-Szene – St. Pölten hatte ja mal mit der „Fabrik“ DIE Disco des ganzen Landes! Aber die Underground-Szene von St. Pölten hat in Wien einen guten Ruf, auch das Nuke hat dem Image der Stadt ungeheuer viel gebracht. Es gibt Hoffnung.“ Und das Reizthema Glanzstoff? „Ich hab gehört, die ist abgebrannt?! Schade um die Arbeitsplätze. Aber vielleicht entwickelt sich was Neues? Neue Jobs, die nicht stinken! Und die Glanzstoff ist ja wirklich der letzte Schandfleck von St. Pölten. Das kann eine Chance sein, das Image der Arbeiter- und Eisenbahnerstadt zu korrigieren.“

Vinyl ist tot
Um musikalisch am Puls zu bleiben hört Tom einschlägige Radio-Sendungen im Web und fliegt pro Saison drei bis vier Mal nach Ibiza: „Das ist für mich Urlaub und Trend-Update zugleich.“ Dass er im berühmten „El Divino“ auflegen durfte erwähnt er bescheiden nur am Rande. Wichtiger ist ihm da schon der Support von Fat Boy Slim: „Ein Kindheitstraum – mit 10 Jahren hab ich die Alben gekauft, vor zwei Monaten mit ihm aufgelegt!“ Webradio und Downloadbörsen haben das Metier des DJs radikal geändert. Tom: „Vinyl ist tot, schade, aber so ist es. Heute kann jeder alles haben, darum ist es umso wichtiger als DJ einen eigenen Stil zu haben.“
Fehlt nur mehr der internationale Durchbruch: „Es ist schwer, wenn Leute wie DJ Özi als Musikexport wahrgenommen werden, aber ich bin optimistisch. Seit kurzem arbeite ich mit dem international sehr erfolgreichen deutschen Produzenten Falko Nistolic zusammen, bald kommt die erste Single, so wollen wir was aufbauen.“
Wer weiß, was da noch raus kommt? Am Ende mal einer der verlorenen Söhne, auf die man besonders stolz ist? So stolz wie Tom Snow auf jene Leute ist, die ihn in frühen Jahren in St. Pölten supportet haben: „Geli und Family – Danke!“