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Matthias Stadler – „Stillstand wäre nichts für mich!


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St. Pöltens gute Seite

Matthias Stadler – „Stillstand wäre nichts für mich!

Text Johannes Reichl , Michael Müllner
Ausgabe 09/2025

Über 20 Jahre ist Matthias Stadler nunmehr Bürgermeister von St. Pölten – nur Franz Xaver Schöpfer saß am Übergang vom 18. zum 19. Jahrhundert länger im Sattel, musste sich aber keiner Wahl stellen. Für Stadler ist es im kommenden Jahr wieder soweit. Als Treffpunkt für unser Gespräch hat er den Alumnatsgarten vorgeschlagen „weil er ein gutes Symbol für die Zukunft und positive Entwicklung unserer Stadt ist, für die gestiegene Wohn- und Lebensqualität.“ Genau darüber und einiges mehr haben wir mit ihm inmitten von Rosenbeeten und Platanen geplaudert.


Sie gehen nächstes Jahr in ihren fünften Wahlgang. Fühlt sich das heute anders an als früher? Sind Sie selbst ein anderer geworden? Macht‘s noch Spaß?Als Person habe ich mich glaube ich nicht gravierend verändert, ich bin noch immer derselbe Matthias Stadler wie damals. Was sich laufend geändert hat, sind die Rahmenbedingungen – die waren, wenn man an die verschiedenen Krisen der letzten Jahrzehnte wie Finanzkrise, Flüchtlingskrise, Covid, die aktuelle Wirtschaftskrise etc. denkt, nicht immer leicht. Wir haben sie aber gut gemeistert, weil wir die Stadt gut aufgestellt haben und alle an einem Strang ziehen. Das ist es auch, was Freude macht, ebenso, dass das Bürgermeisteramt nie zum „Alltagsgeschäft“ wird – Stillstand wäre nichts für mich. Es ist schon beachtlich, was sich in den letzten Jahren alles zum Positiven hin gewandelt hat.
Weniger positiv war die Aufforderung der NÖ Gemeindeaufsicht zur Budgetkonsolidierung. Hat St. Pölten die Finanzen aus dem Ruder laufen lassen?Nein. Wir sind mit dieser Situation auch nicht alleine, wie weithin bekannt ist – fast alle Kommunen haben aktuell aufgrund der allgemeinen Wirtschaftslage Probleme, Bund und Länder nicht minder. Unser Konsolidierungsbedarf – rund 11 Millionen Euro – entspricht dabei praktisch jenen Mitteln, die wir entgegen der Prognose seit 2022 weniger aus den Bundesertragsanteilen bekommen haben. In unserem Fall kam zuletzt noch hinzu, dass wir die Folgen des letztjährigen Hochwassers zu stemmen haben, wofür wir ein Sonderbudget aus den Rücklagen aufgestellt haben. Trotzdem ist es uns gelungen – wir haben die Konsolidierung ja schon von uns aus im Vorjahr eingeleitet – den Rechnungsabschluss 2024 sogar mit einem leichten Plus abzuschließen. Das heißt die Maßnahmen greifen.
Die Opposition macht aber nicht zuletzt teure „Prestigeprojekte“ für die Schieflage mitverantwortlich – da werden dann Beispiele wie der Windfänger, das KinderKunstLabor oder die Tangente genannt? Ich muss über den Begriff „Prestigeprojekte“ immer schmunzeln. Was soll das bitte heißen – sind dann auch das Frequency, die Ansiedlung von Blum oder die Schaffung neuer Kindergartenplätze, wo wir zuletzt 30 Millionen Euro allein in die Infrastruktur investiert haben, „Prestigeprojekte“? Die Frage ist doch vielmehr, warum machen wir diese Dinge? Um die Stadt voranzubringen! Um die Lebensqualität zu steigern – in allen Bereichen. Bleiben wir etwa beim KinderKunstLabor. Das haben wir gemeinsam mit dem Land hochgezogen, auf Basis von Bürgerbeteiligung, im Zuge dessen die Leute gesagt haben: Wir brauchen kein nächstes Theater, sondern etwas für Kinder und Familien. Heute beneiden uns andere Städte um diese Einrichtung und fragen, ob sie sie kopieren dürfen. Es geht da, wie auch im Fall der Tangente, ganz klar um Positionierung, um Image, Förderung des Tourismus, auch des eigenen Selbstwertgefühls über das Vehikel von Kunst und Kultur, wie das auch Linz erfolgreich vorexerziert hat. 
Und ein Projekt wie der Windfänger am Europaplatz, der gut 860.000 Euro gekostet hat?Also ich wüsste nicht, dass irgendjemand der alten Verkehrssituation am Europaplatz nachweint. Wir haben hier gemeinsam mit dem Land eine komplett neue, bei weitem sicherere Kreuzungslösung geschaffen. Der Wunsch vieler Menschen war schlicht, dass auch auf der neuen Kreuzung – nachdem der Brunnen in der Mitte weggefallen ist – wieder ein künstlerischer Akzent gesetzt wird, immerhin ist der Europaplatz ja in gewisser Weise das Tor zur Innenstadt. Daher wurde ein Wettbewerb ausgeschrieben, der Windfänger als – im Vergleich zum alten Brunnen nunmehr zugängliches – Ensemble ausgewählt, weil er Symbolik und Nutzen verknüpft. Wind ist ein typisches Element St. Pöltens, das Thema Wasser wurde als Anknüpfung zum ehemaligen Brunnen aufgegriffen, die Ziegel als Element der Kühle in Zeiten des Klimawandels. Dazu wurde ein Trinkwasserbrunnen geschaffen, und das alles eingebettet inmitten von Bäumen – wir haben am Europaplatz so viele Bäume wie nie zuvor.
Aber sitzt dort auch jemand? Das ist ja ein Kritikpunkt, im Übrigen auch am Grünen Loop, dass diese neuen Einrichtungen nicht angenommen werden.Man muss den Dingen einfach Zeit geben – reden wir in fünf, sechs Jahren weiter, wenn alles gewachsen ist. Wobei der Grüne Loop schon jetzt immer besser angenommen wird. Ich sehe Kinder bei den Spielgeräten – die es vorher gar nicht gegeben hat, was aber immer eine Forderung der Innenstadt-Bevölkerung gewesen ist. Ich sehe Leute im neuen Schanigarten von KHIM sitzen. Die Beete zum Selbstanbauen könnten wir zigfach vergeben, so begehrt sind sie – auch das ein komplett neues Angebot. Der Promenadenring wird sich also positiv weiterentwickeln. Aber vielleicht müssen wir einmal einen der grundsätzlichen Kernpunkte des Projekts wieder in Erinnerung rufen: In den letzten Jahren sind gut 1.450 Bürger neu in die City zugezogen! Für diese Wohnbevölkerung, ebenso für jene, die in der Innenstadt arbeiten, müssen wir eine dementsprechende Wohn- und Lebensqualität gewährleisten – der Grüne Loop ist da ein ganz wichtiger Mosaikstein! Zugleich ist er eines der größten Klimaschutzprojekte – wir reden da immerhin von einer Gesamtlänge von 2,3 Kilometern am Ende des Tages, die wir im Vergleich zur ehemaligen Promenade gewaltig entsiegeln. 
Das heißt, der Grüne Loop wird wie geplant umgesetzt? Zuletzt tauchten ja Zweifel auf, weil er im Zuge der Budgetkonsolidierung quasi auf Standby geschalten wurde. Kein Rückzug?Politiker haben die Aufgabe, Entscheidungen zu treffen und Dinge, von denen sie überzeugt sind, dass sie dem Wohl der Stadt dienen, auch umzusetzen. Da darf man nicht feig sein oder sich ständig nach dem Wind drehen, sondern muss im Fall der Fälle Überzeugungsarbeit leis­ten. Zugleich darf man aber auch nicht stur sein, deshalb nehmen wir Kritik sehr ernst und lassen vieles, was man an Erfahrungen sammelt, auch laufend in Adaptierungen einfließen. Ich kann mich jedenfalls noch gut erinnern, welcher Gegenwind mir entgegen geblasen ist, als wir die Fußgängerzone um Franziskanergasse, Brunngasse, das letzte Stück der Kremsergasse erweitert haben. Oder als im Zuge der Neugestaltung des Bahnhofes die Fahrbahn – die ja früher mitten durch den Bahnhof gelaufen ist – 100 Meter versetzt wurde: Da war sofort vom Tod der Innenstadt die Rede. Heute könnte sich keiner mehr vorstellen, dass es anders ist – und das wünscht sich auch keiner mehr! 
Nicht vom Tod der Innenstadt, aber vom „Platz des Todes“ hat einmal der Kurier in Sachen Domplatz gesprochen. Zuletzt wurde er von Greenpeace für den „Betonschatz“ nominiert. Nervt Sie das mittlerweile? Wie zufrieden sind Sie eigentlich selbst mit der Umgestaltung?Für mich zeigt das vor allem wunderbar die Ambivalenz, in der man in der Politik oft steckt. Beim Domplatz hat man uns für den „Betonschatz“ nominiert, für den Grünen Loop nur wenige Meter entfernt wurden wir mit dem VCÖ Mobilitätspreis ausgezeichnet und als best practice Beispiel genannt. Diskutiert wird beides. In einer Stadt besteht eben oft ein Spannungsverhältnis verschiedener Interessen und Ansichten, ebenso wie öffentliche Flächen verschiedene Funktionen zu erfüllen haben. Und vieles, wenn man etwa an die oft geforderten Baumpflanzungen denkt, geht dort schlicht wegen des Denkmalschutzes nicht – wir predigen das immer wieder, aber irgendwie scheint das nicht durchzudringen. Und wir haben uns bewusst für Multifunktionalität entschieden, wofür es eines befestigten Untergrundes bedarf. Bin ich mit der aktuellen Situation zufrieden? Nein, noch nicht! Ich wünsche mir etwa zusätzliche Gastronomieangebote am Platz, er könnte sicher auch noch mehr Veranstaltungen vertragen, auch zusätzliche Marktaktivitäten wären wünschenswert – vielleicht sogar in Richtung eines täglichen Marktes wie am Herrenplatz. Ich bin aber überzeugt – da kommen wir wieder zum Faktor Zeit, die es zum Entfalten von Projekten braucht – er wird sich gut entwickeln. Was wurde der Rathausplatz nicht alles geschimpft, als man ihn autofrei gemacht hat. Heute geht er an lauen Sommerabenden regelrecht über, dass manche schon wieder sagen „Es ist zu viel los!“ (lacht)
Teile der Opposition hegen aber eher die Befürchtung, dass – v. a. für den stationären Handel – zu wenig los ist in der City. Verantwortlich machen Sie dafür auch den Wegfall von Parkplätzen, nicht nur am Domplatz, sondern auch durch den Grünen Loop, der wie eine Art Barriere wirke. Also alle Zählungen – mittlerweile digital unterstützt – weisen eine starke Frequenz der City aus! Natürlich ist die bestmögliche Erreichbarkeit der City essentiell – sowohl über den öffentlichen Verkehr, für Fußgänger und Radfahrer, ebenso aber unbedingt auch für Autofahrer. Und hier stimmt halt der Befund, es gäbe keine Parkplätze oder zu wenige, schlicht nicht. Im Gegenteil ist das Parkraumangebot gestiegen! St. Pölten hat – hochgerechnet auf die Bevölkerung – den höchsten Anteil an Tiefgaragenplätzen der Landeshauptstädte. Und stimmt schon, die Rathausplatz-Tiefgarage ist oft voll, aber schon die Garagen in unmittelbarer Nähe verfügen über genug Kapazitäten. Trotzdem halten wir auch an der Realisierung der Domgarage fest. Und wir haben ganz bewusst im Sinne der Innenstadtförderung in den letzten Jahren weder die Parkgebühren erhöht, noch die gebührenpflichtige Kurzparkzone über die Innenstadt hinaus erweitert, wie es Experten empfohlen hatten.
Womit wir beim Verkehr gelandet sind. Da feiert ja die S 34 nach dem Abgang von Ministerin Leonore Gewessler fröhliche Urständ. Ist die SPÖ nach wie vor uneingeschränkt dafür?Ich lade alle Gegner ein, sich einmal in eine Wohnung oder ein Haus entlang der Mariazellerstraße in St. Georgen und Spratzern zu setzen, damit sie einen Eindruck von der Situation bekommen. Wir müssen hier einfach etwas tun, dazu fühle ich mich als Bürgermeister den Anrainern gegenüber verpflichtet, ebenso den Bürgern entlang der Ausweichrouten – die können ja nicht die Descheks sein! In welcher Größenordnung die S 34 letztlich realisiert wird, müssen die Experten wissen, aber Faktum ist, es handelt sich um ein komplett abgeschlossenes Projekt, das man sofort ausrollen kann – alles neu auszuschreiben würde dahingegen wieder Jahrzehnte dauern. Diese Zeit haben wir für die Leute aber nicht mehr, zumal der Verkehr in diesem Stadtteil durch Zuzug in St. Georgen selbst, ebenso aber etwa auch in Wilhelmsburg nicht weniger werden wird! 
Gegner fordern statt der Schnellstraße aber einen stärkeren Ausbau der Öffis.Wir brauchen beides! Man muss die Gesamtverkehrssituation begreifen. Wir haben – dank der Realisierung von Kerntangente Nord und Nordbrücke – eine gute Aufteilung der Verkehrsströme in der Ost-West-Achse. Wir haben zu deren Entlas­tung auch die S33 – man möge sich bitte einmal vorstellen, dieser Verkehr würde wie früher über die Kremser Landstraße hereinfließen – es gäbe einen Verkehrskollaps. Was uns aber fehlt ist eine Entlastung der Nord-Süd-Achse und, wie es alle großen Städte ja nicht aus Zufall haben, ein geschlossener Entlastungsring um die Stadt. Daher die S34, in welcher Größenordnung auch immer. Deshalb unbedingt auch der Ausbau der Bahn – da hat die letzte Verkehrsministerin Gewessler ja leider genau gar nichts geleistet, im Gegenteil – es wurden sogar Haltestellen reduziert– das ist ja absurd! Wir brauchen einen zweigleisigen Ausbau der Traisentalbahn, mindes­tens bis Traisen hinein, ebenso die versprochene Elektrifizierung und den Ausbau der Strecke bis nach Krems. Schließlich einen überregionalen LUP, der die großen Orte rund um St. Pölten in einem attraktiven Takt mit der Landeshauptstadt verbindet. Vorbild dafür ist die Wiener Zone 100 rund um die Bundeshauptstadt. Das ist auch ein Muss für die Region St. Pölten! 
Bleiben wir im Nahbereich der S 34, die auch für das nahe Betriebsansiedlungsbiet relevant wäre. Dort soll in Hart auf 200.000 Quadratmetern ein neues REWE Zentrallager entstehen, das aufgrund seiner Dimension und Lage im Überschwemmungsgebiet schwer umstritten ist. Steht die SPÖ nach dem letztjährigen Hochwasser nach wie vor hinter dem Standort? Wie ist der aktuelle Projektstatus?Um vielleicht vorneweg ein Beispiel zur besseren Einordnung zu bringen: Wir haben in St Pölten bereits ein Areal, das im Hochwassergebiet steht: das Regierungsviertel. Zum REWE-Areal bzw. prinzipiell zum Betriebsansiedlungsgebiet NÖ Central: Die Flächen dort sind seit der k.u.k. Monarchie als Betriebsgebiet gewidmet. Möchte man etwas realisieren, muss dort ein Hochwasserschutz umgesetzt werden, der sehr wohl – weil das bisweilen anders dargestellt wird – auch die benachbarten Einrichtungen mitumfassen wird. Es geht gesetzlich gar nicht, dass man quasi für sich selbst Hochwasserschutz umsetzt und dann anderswo jemand anderer dadurch Nachteile erfährt – die Gesamtbilanz muss stimmen. Aktuell befindet sich REWE im Stadium der Erstellung des Hochwasserschutzkonzeptes. Erst danach kann ein Gesamtprojekt eingereicht werden. Dies ist aber noch nicht passiert.
Kritiker des REWE-Projektes bezweifeln aber auch den Nutzen für die Stadt, weil dort gar nicht so viele Arbeitsplätze entstehen würden. Wie ist da der generelle Zugang in der Betriebsansiedlungspolitik der Stadt?Das ist eine verzerrte Darstellung: Um bei REWE zu bleiben. Das Unternehmen hat in St. Pölten bereits ein Lager – da reden wir von 400 Arbeitsplätzen, die wir durch die Umsetzung des neuen Zentrallagers erhalten können. Dazu kommen dann noch die neuen Beschäftigten – wir müssen also schon von der Gesamtsituation sprechen. Wenn REWE woanders baut, garantiert uns niemand, dass die Arbeitsplätze des bestehenden Lagers erhalten bleiben. Um ein Gespür für die Größenordnung zu bekommen: Mitkonkurrent Spar hat in seinem Zentrallager in Spratzern rund 1.200 Mitarbeiter und ist damit einer der größten Arbeitgeber der Stadt überhaupt! Und genau darum geht es uns in der Betriebsansiedlungspolitik: Arbeitsplätze halten und Arbeitsplätze schaffen – und zwar so viele wie möglich, idealerweise in verschiedenen Branchen und Segmenten, hoch- und niedrigqualifizierte, in Groß-, Mittel- und Kleinbetrieben. Dieser Mix gelingt uns als Stadt bisher ganz gut, weshalb wir im Vergleich zu anderen Städten auch ganz gut durch die Krisen der letzten Jahre gekommen sind und selbst schmerzhafte Verluste wie zuletzt etwa bei kika/Leiner oder der Walstead Druckerei abfedern können. Gerade angesichts der aktuellen finanziellen Lage, wo wir von äußeren Faktoren wie den bereits erwähnten sinkenden Ertragsanteilen betroffen sind, muss jedem klar sein, dass die Gelder, die wir selbst lukrieren können – etwa aus der Körperschaftssteuer, die ja unmittelbar von den Arbeitsplätzen abhängt – umso wichtiger sind. Dank unserer erfolgreichen Betriebsansiedlungspolitik konnten wir hier die letzten Jahre ein stetes Wachstum erzielen.
Wachstum ist ein gutes Stichwort: St. Pölten hat kürzlich die 60.000 Hauptwohnsitzer-Marke übersprungen – in den Augen von Teilen der Opposition wächst die Stadt zu schnell, die Infrastruktur halte nicht mit.Also wir müssen bitte die Kirche im Dorf lassen. Wir sind die letzten Jahre im Durchschnitt um 1 % gewachsen, da ist genau gar nichts „bedrohlich“, wie es teils suggeriert wird. Vielmehr ist es ein gesundes Wachstum, das unseren Wohlstand sichert, und auf das wir dank unserer vorausschauenden Planungen auch gut vorbereitet sind. Schauen wir uns etwa an, wie schnell wir – weit vor anderen Städten – jetzt tastsächlich die Kindergartenbetreuung für alle Zweijährigen ausrollen. Wir reden da bitte allein von  über 20 neuen Kindergartengruppen und fünf Tagesbetreuungseinrichtungen, die wir innerhalb kürzester Zeit geschaffen haben. Wir haben auch alle dafür notwendigen Kingergartenhelferinnen und -helfer angestellt. Das ist keine Selbstverständlichkeit, ebensowenig, dass bei uns alle Kinder – weil uns das im Sinne der Lebensqualität für die Familien ein Anliegen ist – in ihrem eigenen Grätzel einen Kindergartenplatz bekommen. Möglich ist das alles, weil wir vorausschauend Grundstücke gekauft haben und kaufen. Ebenso haben wir die Wasserversorgung schon vor einigen Jahren auf 80.000 Bürger ausgelegt, selbiges gilt für die Abwasserreinigung, wir machen unsere Aufgaben in Sachen Verkehr etc. Wir sind also gut aufgestellt.
Trotzdem, wenn man auch einen Blick in die diversen Social Media-Foren wirft, kommt da in Sachen Wohnbau immer wieder mal der Vorwurf „Der Stadler betoniert alles zu!“ Also ich als Bürgermeister betoniere gar nichts zu. Ich verstehe, dass Menschen oft jahrelang eine grüne Wiese am Nachbargrundstück haben und das schätzen – aber oft sind diese Grundstücke als Bauland gewidmet, und wenn der Besitzer dann irgendwann baut und sich dabei an die Gesetze hält, habe ich als Stadt genau gar keine Handhabe. Wir würden uns als Kommunen durchaus in manchen Bereichen – wenn ich etwa an die Leerstandsabgabe denke – bessere Lenkungsmöglichkeiten wünschen, die müssten aber auf übergeordneter Ebene gesetzlich beschlossen werden, und da besteht oft kein politischer Konsens. Worauf wir drängen, so wir Einfluss nehmen können, ist eine Verdichtung bestehender gewidmeter Areale in der Kernstadt anstatt Neuwidmungen auf der grünen Wiese. Der Wohnbau der letzten Jahre war jedenfalls wichtig und hat gewährleistet, dass bei uns – im Gegensatz zu anderen Städten – die Immobilienpreise nicht komplett durch die Decke gegangen sind. St. Pölten ist auch nach wie vor die preiswerteste Landeshauptstadt in Sachen wohnen. Und eine Situation wie Ende der 90er-Jahre, als allein bei der Stadt 1.000 Wohnungssuchende gemeldet waren, weil es kein Angebot gab, will ich sicher nicht mehr erleben.
Ärgern Sie sich dann über Claims wie „St. Beton“ bzw. denken Sie sich manchmal, jetzt haben wir endlich das geschafft, was Ihr immer gefordert habt – eine pulsierende Hauptstadt – und jetzt ist es auch nicht recht?Nein, ich ärgere mich nicht. Über die Opposition – wir wissen wer „St. Beton“ erfunden hat – schon gar nicht. Als Bürgermeister musst du einfach anerkennen, dass du es nicht jedem recht machen kannst. Mein Maßstab muss stets das Gesamtwohl der Stadt sein. Es ist vielleicht auch der Zeitgeist – und zutiefst menschlich – dass man sich halt oft selbst der nächste ist. Nehmen wir das Beispiel Bäume: Wenn wir fragen, sollen wir mehr Bäume pflanzen, beantworten das 90 % klar mit Ja. Wenn wir aber im nächsten Schritt sagen, wir pflanzen neue Bäume, dadurch würde aber der Parkplatz unmittelbar vor Ihrer Türe wegfallen, sind plötzlich 76 % dagegen – im Übrigen auch in der jungen Altersgruppe.
Wer sich sehr wohl ärgert, ist die Opposition, die der SPÖ vorwirft, „über alles drüberzufahren.“ Deshalb hat man zuletzt auch geschlossen die Beteiligung am Konsolidierungskonzept verweigert, weil man die Jahre zuvor bei der Budgeterstellung auch nicht eingebunden gewesen sei. Ebenso beklagt man, dass Ihre Partei praktisch alle im Gemeinderat von der Opposition eingebrachten Anträge abschmettert. Wie passt das aber zusammen? Sie beschweren sich, dass sie nicht eingebunden werden, schlagen aber eine Einbindung bei etwas so Wichtigem wie dem Konsolidierungskonzept, wo sie politisch mitbestimmen können, aus? Und es stimmt auch nicht, dass wir alle Anträge ablehnen – einige haben wir unterstützt. Aber mein Eindruck ist halt, dass oft Anträge um des Antrags willen gestellt werden, rein für die Show und den schnellen Applaus. Wir bekommen Dringlichkeitsanträge meistens eine halbe Stunde vorher, manchmal sind es auch nur 10 Minuten, oder sie werden überhaupt erst direkt in der Sitzung eingebracht – wie soll ich da bitte seriös darüber entscheiden? Das ist ja nicht Larifari, was da beschlossen werden könnte, sondern da geht es oft um rechtliche Materien, Fragen von Haftungen, Folgekosten, der finanziellen Deckung etc. Ich glaube, da bedenken die Einbringenden oft nicht, was das in Konsequenz nach sich ziehen kann. Wenn wir die Anträge früher bekommen würden, um sie seriös vorzuprüfen, könnte man sicher auch über Etliches reden.
Glauben Sie, dass Sie das nach der nächsten Gemeinderatswahl vielleicht ohnedies mit einem Koalitionspartner machen müssen? Das Brechen der absoluten Mehrheit ist ja das erklärte Ziel der Opposition, Ihres umgekehrt wohl das Halten derselben?Also wir haben ja noch nicht einmal einen Wahltermin, daher werden wir diesbezüglich – im Gegensatz zu anderen – auch keinen Frühstart hinlegen. Aber natürlich werden wir uns zu gegebener Zeit unsere Gedanken machen und wieder mit einem konkreten Programm in die Wahl gehen. Wie diese dann ausgeht, entscheiden letztlich die Bürger, das habe ich immer mit Demut genommen, wie es kommt. Ich bin jedenfalls dankbar für das Vertrauen, das mir in den letzten Jahren entgegengebracht wurde und auch überzeugt, dass wir gute Arbeit geleistet haben.